Bad Vibes

In Shlohmo hallen Hip Hop, Dubstep und die diversen Traumgenres der Zehner Jahr nach. Was egal wäre, wenn die Abstraktion nicht hunderte fesselnde Echos werfen würde.

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Shlohmo ist ein 20-jähriger Naseweiß aus Los Angeles, der trotz etwas gleichförmiger Abstract Hip Hop-Ware auf seinem Debüt von 2010 heuer merkbar an den Pforten von diesem Internet rüttelte. Siehe: Drake-Remix, Burial Remix, When Saints Go Machine Remix. Spätestens ein Mix für das Fact-Magazin machte aber klar, dass hier jemand nicht nur ein paar Subbässe an verhallten Claps vorbeiziehen ließ: das extrem gebremste „Head Over Heels“ von Allure ft. Nas verdeutlicht diesen Willen zur sonischen Erweiterung auf der Grundlage von Hip Hop und R’n’B ganz besonders. Digitale Vintage-Effekte und die Möglichkeiten des hochwertigen Time Stretch in diversen Produktionstools machen es möglich. In einem Mix voller Gegenblenden entsponn sich da ein kranker Trip, Pop im Vollrausch, Noise und bleierne Beats.

„Bad Vibes“ nimmt nun noch eine andere Abzweigung, auch weil es vollständig auf Samples verzichtet. Es ist voller Querverweise, ist aus einem klaren Beatkorsett ausgebrochen und zwischen den bekannten Kontinenten noch auf unentdecktes Land gestoßen. Ein Eiland zwar, aber dafür vielleicht eines mit Brückenfunktion. Hier bricht sich die Chillwave am J.Dilla-Felsen und versprüht Glitch-Gischt. „Parties“ etwa arrangiert melodische Fragmente von kleinen Harfen, lässt sie in verhallten Stimmen baden, während verhaspelte Beats unruhig dazu stottern . Shlohmo nützt die Möglichkeiten digitaler Produktion, er setzt unquantisierte Beats, beult sie auseinander und überträgt dem Rechner die Aufgabe das alles noch spielen zu können. „Sink“ ist The XX und Oval in Atlantis. Und selbst wenn „I Can’t See You I’m Dead“ eine gewöhnliche Postrock-Etüde sein könnte, wird sie durch rhythmische Filterungen zu einer zittrigen, kaputten Serenade. Das funktioniert, weil es sich auf der Ebene bloßen Sounds nicht allzu weit davon entfernt hat, was Lali Puna, Radiohead, James Blake und Flying Lotus gemacht hatten.

„Bad Vibes“ ist dabei leicht zu überhören, es ist fast vollständig in sich gekehrt. All das Bravado, das abstrakter Hip Hop noch in Spurenelementen besitzt, ist weg. Für Soundforscher ist das Album andrerseits noch zu melodiös, zu konkret. Und eine Stimme fehlt sowieso. All das, was andere zu großen Gesten ausbreiten, bleibt bei Shlohmo wie unter Wolle. Was nicht heißt, dass Drake und Rihanna nicht demnächst auch bei Shlohmo anklopfen könnten.

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