Befehl Von Ganz Unten

Deichkind bieten zum mittlerweile dritten Mal ein Feuerwerk der Party-Geschmacklosigkeiten. Irgendwie zündet es aber nicht mehr richtig.

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Rammstein und Deichkind haben etwas gemeinsam. Sie sind nicht nur beide sehr erfolgreiche bundesdeutsche Bands, sondern beide Formationen haben mittlerweile einen Status erreicht, in dem sie eh alles dürfen. Und so haben sich Hamburger nach zahlreichen umjubelten Liveauftritten, dem plötzlichen Tod ihres Produzenten Sebastian Hackert und einer dezent selbstreferentiellen Operette („Deichkind in Müll“) entschieden, mit ihrem fünften Studioalbum im Prinzip genau da weiterzumachen, wo sie mit „Arbeit nervt!“ aufgehört haben.

Das Ergebnis ist sicher nicht schlecht, aber eigentlich an keiner Stelle überraschend. „Befehl Von Ganz Unten“ ist ein wilder Ritt durch die gesammelten Geschmacklosigkeiten, die freitags abends aus den Boxen verschiedenster Großraumdiscos zwischen Kiel und Klagenfurt quillen. Das geht von Schlager („Der Mond“) über Techno bis zum Electropop. Textlich bewegt sich das Ganze irgendwo zwischen Dada, Party-Nonsens und künstlich überhöhtem Stargehabe („Ich tret hier nicht auf bei der Gage. Im Hotel reserviert ihr die gesamte Etage!“). Das Spektrum reicht da von wirklich lustig bis affektiert. Wie gesagt: Alles ok, aber im Prinzip seit „Aufstand im Schlaraffenland“ bekannt und erprobt.

Vielleicht liegt das Problem aber auch tiefer. Das Konzept der totalen Party, die wahlweise cool ist weil sie total ironisch ist oder weil sie gar nicht ironisch ist (die Frage nach dem Satireanteil lässt man sich ja offen), funktioniert live wunderbar. Aber es stößt auf Platte eben auch an seine Grenzen. Bombast im falschen Kontext wird schnell einfach nur prätentiös. Als würde man ständig Walzer in einer Einraumwohnung tanzen.

Und so sehr Tracks wie „Der Strahl“, „Pferd aus Glas“ oder „99 Bierkanister“ bouncen, drücken und skrillexen, so sehr nerven sie irgendwie auch. Fände man den Deichkind-Sound wirklich noch spannend und cool, wenn es „Komm schon“ nie gegeben hätte? Wer sich aber jahrelang selbst auf seine „Krawall und Remmidemmi“-Attitüde reduziert, läuft Gefahr, dass irgendwann mal jemand darauf aufmerksam macht dass der Kaiser eigentlich nackt ist. Und das ist dann nicht mehr cool. Das ist dann nur noch Großraumdisco.

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