Bei 30 Grad im Schatten

Lorenz Langenegger, schweizer Autor und Wahlwiener hört beim Schreiben Eels. Seinen leidenschaftslosen Protagonisten Jakob Walter schickt er in der ersten Phase der Beziehungstrennung in die Wildnis an der Südspitze des Peloponnes, einem seelischen "Nowheresville".

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Jakob Walter ist ziemlich bescheiden und beschaulich. Gefühlsausbrüche widerstreben ihm. Dass Jakobs Tatenlosigkeit an der Geduld der Ehefrau Edith kratzt, erfährt der Leser nur rückblickend. Am Buchanfang steht schon die Ernüchterung nach dem Frühstücksstreit: Sie kommt nicht mehr zurück. Jakob Walter wartet bis spät in die Nacht. Im Morgengrauen erkennt er, dass er sich dieser Linearität entreißen und aus dem materiell überhäuften und inhaltsleeren Beziehungsleben fliehen muss. Außerhalb seiner überschaubaren Ordnung tut sich das weite Meer auf. Der Mann verliert das Zeitgefühl und die bemängelnde Stimme Ediths im Ohr. Das zerrüttete Griechenland empfängt den gebeutelten Jakob Walter mit offenen Armen. Langenegger reizt dabei den Arm-Reich-Kontrast zwischen Griechenland und der Schweiz aus. In der südlichen Hitze spürt man die befreiende Einsamkeit der planlosen Reise und die diffuse Sehnsucht nach Selbstfindung. Seine feine Beobachtungsgabe und bewusste Sprache verheddert sich zum Glück nicht in der Beziehungsthematik.

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