Boykiller

Man hat PJ Harvey ans Klavier gesetzt, ihr Rachmaninow vorgelegt und sie Tonia Reeh getauft.

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Das Piano-Intro zersetzt sich kurzfristig immer wieder in ein unaufgeregtes Schlagzeug im Hintergrund. Die Künstlerin, bisher auch als Monotekktoni mit vier Alben bekannt, ließ für dieses Album ganz ab von opulenten Elektroniksounds. Die stimmliche Intensität einer Lydia Lunch fügt sich zu puren Klavierläufen. Emotional ist sie mit Soap & Skin auf derselben Welle, aber keineswegs ebenso fragil. Feministisch und autark geht das Album streckenweise in ein bedrohlich grausames Gekreische über, das zu allem dramatischen Überfluss filmisch mit Sirenen und Feuerwerkskörpergeräuschen hinterlegt ist.

Was als nächstes nämlich klar wird, ist: Das ist ein Aufarbeitungswerk. Da ging eine herbere zwischenmenschliche Episode voraus. Teilweise hetzt sich diese musikalische Überarbeitung dem Erlkönig gleich fiebrig durch die Nacht. Unüberhörbar handelt es sich bei „Boykiller“ die Verarbeitung verletzter Gefühle, aber zum Zeitpunkt des Album ist sie schon über den Berg und denkt reflektiert angeekelt an Blow Job Situationen, während der Schilderung ein fröhlicher Klavierlauf folgt. Das Gefühlsspektrum der Oktaven Wut bis Selbstbestimmtheit scheinen im Klavierkörper eingesperrt und unregelmäßig, ja unkontrolliert, auf den Hämmerchen zu tanzen. Der Stream of Consciousness formt hymnische Gebilde, bleibt aber Durchschnitt.

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