Coastal Grooves

Auf der sonnigen Seite
Die vielen Leben des Dev Hynes: Der Tausendsassa spiegelt alle Farben des Musikgenre-Regenbogens in seiner Karriere. Die Parade zieht diesmal back to the 80ies.

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Dev Hynes ist ein musikalisches Chamäleon. Wie sonst könnte er vom Elektropunk der Test Icicles auf den Indie-Surf-Pop seiner Lightspeed Champion-Periode gewechselt sein und gleichzeitig noch für unterschiedlichste Musiker wie Florence & The Machine, Beyonces Schwester Solange Knowles und die R’n’B-Nudel Cassie produzieren. Die Facebook-Diskussionsgruppe Lightspeed Champion vs. Test Icicles braucht sich nun nicht mehr länger den Kopf über den besseren Dev Hynes zu zerbrechen, er tanzt nämlich schon mit dem nächsten Projekt daher. Das Wechseln der Musikrichtung scheint er wie Insel-Hopping zu betreiben. Die neue Insel nennt sich Blood Orange und debütiert mit Coastal Grooves für alle Liebhaber der 80er Jahre. Beeinflusst von der New Yorker Nachtluft gestaltet sich Hynes den Tranquilizer-Soundtrack für nächtliche Reisen durch die quirlige City. Zu sagen, er hätte sich dafür auf die goldenen 80er zurückbesonnen wäre weit untertrieben. Direkt aus den 80ies durch die Elektroorgel geschwappt und mit Hynes Art zu Singen und zu Hauchen verstärkt, fühlt man sich zu Billy Idol zurückgebeamt. Die Songs wandern aus dem New Yorker Schlafzimmer an die Westküste, wo die Küstenluft zu Leichtigkeit und Chill-Out Effekt verhilft. Eigentlich kommt einem dabei auch eher ein blutoranger Sonnenuntergang in Los Angeles in den Sinn als das New Yorker Nachtleben.

»Toshito« beginnt mit einem Intro, das an »König der Löwen« erinnert, es folgen stimmungsvoll steigernde »Ooohs« und »Aaahs«, nach einem Summen dann genau nach einer Minute »Sun« als erstes Wort. Dabei bleibt es auch. Das Wichtigste ist gesagt und entschwindet in synthetische Parallelwelten. Doch was das pulsierende Nachtleben angeht, so passen die Coastal Grooves ideal in die After-Work-Loungen; und das nicht nur in Los Angeles. Das Transgender-Phänomen findet sich ebenfalls im Referenzrahmen von Coastal Grooves und als Resultat von Hynes Songwriting für die weibliche Stimme. Die eigene Falsettstimme passt sich den Lyrics an, hat aber vor allem auch etwas mit Hynes Halsoperation zu tun. Dev scheint seine eigene Stimme erst gefunden zu haben und das ist nicht nur wörtlich zu verstehen: Im besten Sinne klingt das nämlich nun androgyn und erinnert an niemand Geringeren als Prince. Dev Hynes’ Wandlung ins Blutorange bedeutet hypnotische Gleichmäßigkeit, androgyne Harmonie und langer Atem. Dem Chamäleon steht die neue Farbe ausgesprochen gut.

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