Come Around Sundown

Von den einfachen Dingen
Kings Of Leon ist Konsens wie sonst keine Band auf diesem Planeten. Sie waren nie die cleveren Collegerocker, waren nie bahnbrechend, sondern begnadete Gefäße für die großen Mythen der USA.

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Die Stimmen zum ersten Album nach dem richtig großen Durchbruch, nach Stadion-Auftritten und unzähligen Coverstorys, sind gespalten. Doch halt, das waren sie eigentlich schon beim Vorgänger »Only By The Night« mit den übergroßen Singles »Sex On Fire« und »Use Somebody«, die sie auch in den Vereinigten Staaten in jedes Mittelwelleradio trugen. Gegenwartsverweigerung, keine Themen, banaler Bluesrock, Ausverkauf bis zum letzten Unterhemd von Mama – das waren noch die netteren Vorwürfe. Es scheint in der Natur der Sache zu liegen, dass eine Band, je populärer sie wird, Spötter und Kritiker auf den Plan ruft. Meinung als Distinktion ist immerhin eine ganz wichtige zwischenmenschliche Triebfeder. Manche von ihnen haben auch ein bisschen recht. »Come Around Sundown« hat den Komplexitätsgrad etwas herabgeschraubt. Einzelne Songs wirken wie ein Ausflug in den Themenpark der Formatradios, einmal nach Countryland, einmal zurückgelehnte Strandstimmung, eine Geburtstagsfeier zwischendurch, einen Ausritt auf dem Pferd und schließlich eine rockige Euphorieschaumschleuder zum Mitsingen (»Mary«). Das bleibt dann aber der einzige wirklich unnötige Song auf dem Album. Die ersten Auskopplungen »Radioactive« und »Pyro« spielen dafür vielschichtiger auf der Gefühlsklaviatur als der ungebremste Rock der Singles vom Vorgänger oder auch »The Bucket« von 2004.

Als Band sind die Kings Of Leon aber selbst in diesen Momenten geradlinig. Ihre Songs stört keine Metaebene, keine Ironie, schlaue Zitate bleiben draußen. Es ist wie es ist. Es geht um einfache Leute, einfache Sorgen, Frauen, Autos, Freunde; und das Licht der Sonne, dort, wo der Arkansas River in den Mississippi mündet. Die Kings Of Leon kommen aus dem Bible Belt der USA, von dort, wo New York Times und Wall Street austauschbare Schimpfwörter sind. Wie keine andere Band bringen sie die großen Mythen der USA, Freiheit, Individualismus, Kleinstädte, Gott und den Rock’n’Roll auf den Punkt. Absolut jeder hat davon sein Bild. Die Anziehungskraft der Band ist deshalb so groß, weil es um dieses Ganze geht – selbst wenn man mit diesen Ideen selbst nicht einverstanden ist, diese Macht hat Musik. Die perfekt produzierten Songs der Kings Of Leon sind, als würde man vom Flügel eines Weißkopfseeadlers gestreift. Mythisch. Magnetisch.

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