Dead Gaze

Wie Grunge heute unpeinlich klingen kann? So zum Beispiel. Dead Gaze riechen verführerisch nach billigem Bier und Heroin.

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Retro ist furchtbar. Wir wissen es alle. Heimlich oder ganze offen. Und tun es natürlich oft genug trotzdem. Oder reden uns ein, warum das hier gerade doch noch nicht retro ist. Retro hat den Kopf in der Vergangenheit, ist die klassische Einstiegsdroge für Leute, die vorhaben mit der Zukunft nicht mehr klar zu kommen. Nun, Dead Gaze ist irgendwie eh retro und bringt dabei sogar zwei Dinge zusammen, die nie etwas miteinander zu tun hätten haben sollen – Grunge und 80s Indie Pop.

Ein Song wie „I Found The Ending“ führt die ganze großartige Absurdität dieser Band in seinen ersten 20 Sekunden vor. Auf einen roher Bass, der sich jung und wild gegen seine Teenage Angst stemmt, erwidert ein süßer Synth, der in einer Endlosschleife aus „La Boum“-Wiederholungen gefangen ist. Im Refrain gesellt sich zur bis zur Unkenntlichkeit verzerrten Stimme noch eine nutzlos-gut gelaunte Gitarre. Das kann man nun schamlos und falsch finden.

Allerdings – und hier beginnt natürlich sehr dünnes Eis – klingen Dead Gaze doch merkbar anders als die offensichtlichsten Geistesverwandten – wie Nirvana, Jesus & The Mary Chain oder Cloud Nothings. „This Big World“ vereint Grunge-Harmonien mit einem fast klassischen Rock’n’Roll-Refrain und Verzerrung auf die Zwölf. Auch wenn man sich nicht so ganz vorstellen kann, dass dieses Soloprojekt mit angeschlossener Fünf-Mann-Live-Band größere Festivalbühnen erreicht, weil dort ohnehin schon diverse Reunion-Bands stehen, so riecht das gesamte Album doch verführerisch nach billigem Bier und Heroin. Und nach Retro. Doppelt-Retro sogar. Aber angeblich gibt es Leute, die das nicht einmal stört.

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