Director's Cut

Intensivität. Emotion. Pathos. Sinnlichkeit. Der weibliche Dandy hat in gewohnter selbstsicherer Exzentrik zwei alte Scheiben inhaliert und re-interpretiert, was das Zeug hält.

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Patrick Wolf, Within Temptation, Placebo und Little Boots haben es getan. Ebenso die Futureheads, Nada Surf und Placebo. Was Ra Ra Riot und The Decemberists können, kann Kate Bush auch selber. Kate Bush covern. Die Grand Dame macht einen »Director’s Cut« und nennt ihr autogenes Cover-Werk auch so. Dass sie in sehr unregelmäßigen Zeitabständen, dafür aber herrlich gemächlich produziert, hat man zumindest in der näheren Schaffensperiode mittlerweile schon mitbekommen. Nach schlappen sechs Jahren lässt Kate Bush wieder mal von sich hören und nimmt Anlauf auf die UK-Album-Charts-Spitze. Mit Kirchenglocken anstatt Pauken und Trompeten eröffnet sich die Platte. Es folgt viel Gehauchtes kokettierend mit Geigenharmonie. Wir reden hier von Song »Flower Of The Mountain«, das schon vor Jahren sagenumwobene Stückchen vertonte Literatur. Der ursprüngliche Titel »The Sensual World« war titelgebend für ihr 1989er-Album und entstammt einer Passage aus der Feder von niemand Geringerem als James Joyce. Die Platte wurde damals als die weiblichste und sinnlichste aller Bush-Alben bezeichnet. Diesmal hat Frau Bush es aber passagenweise mit der Sinnlichkeit übertrieben. Das neigt sich schon gefährlich zur Soft-Porno-Akustik, beschränkt sich dann aber glücklicherweise nur auf einzelne Zeilen. Früher, gerade beim Vorgängerwerk »Aerial«, hatte sie mit den damals angesagten digitalen Produktionsmitteln gearbeitet. »Director’s Cut« wurde jetzt im Gegensatz wärmer, voller und analoger angelegt. Aufs Schrägste verzerrte Stimmen, mit beinahe verstörenden Vocoder-Effekten angereichert, gibt es trotzdem.

Die Unzufriedenheit ist Teil des Schaffensprozesses eines Künstlers. Es ist Teil des Prozesses und als Künstler immer gesund und gewöhnlich, dass man sich verbessern will, was man früher gemacht hat. Nur sie macht Entwicklung möglich. Im konkreten Fall wird den Liedern der beiden vorangegangenen Alben in der Neuinterpretation mehr Platz zum Atmen und zum Ausbreiten gegeben. Alle Lead-Vocals und Drums wurden neu aufgenommen und teilweise transponiert, dabei wird noch mehr deutlich, dass Kates Stimme tiefer geworden ist. Auch als Ganzes gesehen kann man bei »Director’s Cut« von experimentierfreudiger Vielfalt sprechen. Mit dem swingenden »Rubberband« findet sich ein Blues-Schmankerl, ebenso wie sanfte leise Klavierstimmchen und »Red Shoes«, das zum Text passend fast zu einem River Dance mutiert und mit Gospelkraft vorgetragen ist. Die Eleganz, die von dieser Person ausgeht, verdeutlicht sich nicht nur in ihrer Musik, sondern auch wie bekannt ist in ihrer selbstsicheren Art, die alles rundherum ausschaltet. Von charmanter Exzentrik geprägt ist auch ihr Verhalten, das sie aus der Masse der Musiker heraushebt. Diese Überarbeitung der alten Stücke steht erstens sinnbildlich für die konsequente Fortsetzung der selbstsicheren Attitüde und zweitens für die Collagentechnik, die Bushs Schaffen immer schon prägte. Gewohnt ausgereift und überdacht (klar, nach 6 Jahren!) ist »Director’s Cut« vor allem intensiv.

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