Dirty Gold

Pop vs Rap
Knieschuss. Beinbruch. Angel Haze hätte ihr Album nicht leaken dürfen. Dabei ist es besser geworden als sein Ruf.

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»… und deshalb hörst du gefälligst auf uns.« Hat sie nicht, sondern ihr Album aus Frust über das Label zu Weihnachten ins Netz gestellt. Angel Haze musste wohl auf die harte Tour lernen, dass es wirklich Todeszonen im jährlichen Veröffentlichungskalender gibt. Da klappte der ganze mühsam aufgetürmte Hype wie eines dieser Aufblasmännchen vor Autohäusern zusammen. Es ist mit gerade einmal je tausend Stück in den USA und im UK gefloppt – ihr ist das egal. Die schlechten Kritiken sind es wohl auch. Ihr ist schon Schlimmeres passiert. Vergewaltigungen und eine Kindheit in einer geschlossenen, christlichen Sekte zum Beispiel. Warum sie denn nicht öfter über ihre Identität als Cherokee rappen würde? Auch das ist ihr egal, alles was sie ist, ist schon in ihrer Musik, sagt sie selbst auf »A Tribe Called Red« über einem irgendwie-indianischen Vocal-Sample. Da ist es zu hören, warum sich Blogs über zwei Jahre lang die Finger wund geschrieben haben, ein großer Refrain, heißkalte Geschichten, entschlossene Lyrics, tödliche Delivery.

Nur Mädchen, halt dich an die Regeln. Angel Haze nimmt man jetzt gerade übel, was bei anderen kein Problem wäre. Dass sie mit dem Album mehr Leute erreichen will als die ursprüngliche In-Crowd. Ja, auf »Battle Cry« klingt sie wie Rihanna, noch so eine Frau, die ihre Wunden selbstbewusst trägt und sich nicht davon behindern lässt. Es gibt viel schlimmere Popsongs, zum Album fügt der hier trotzdem nichts hinzu. »Angel & Airwaves« ist Kitsch. Anderes auch. Das Album ist überhaupt zu lang. Unter anderen Umständen hätte man aber wohl akzeptiert, dass sie früher einmal cool war, dass sie in ihren Videos mit Weirdos und Geächteten abhing, dass sie ihnen eine wütende, verwundete Stimme gegeben hat und das jetzt mit breitem Pop austapeziert. Als Rapalbum ist »Dirty Gold« fad. Als Popalbum ist es aber finster, schillernd, aufregend instrumentiert und abwechslungsreich – auch wenn Angel Haze damit nicht zu Santigold, M.I.A., Sky Ferreira oder Mø aufschließen kann. Es wird wohl ein Einzelfall bleiben, nicht nur dreckiges Gold, sondern verschüttetes Gold.

Andere Labels werden jetzt nämlich einen Teufel tun, sich um einen schwierigen Künstler zu kümmern, falls Angel Haze überhaupt aus ihrem aktuellen Vertrag mit Universal raus kommt. Gehen sie also weiter, hier gibt es nichts zu sehen, außer einem gestörten, zornigen Twen, mit dem die Welt wohl fertig ist.

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