Schwestern der Angst

Die Othello-Thematik und das Stalking-Phänomen. Missbrauch, Mutterverlust und daraus resultierende überschwängliche Muttergefühle für ihre Schwester und gleichzeitig Züchtigung ebendieser dominieren die Kindheit der psychopathischen Renate.

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Sie führt ein zweischneidiges Leben auf der Flucht vor sich selbst und bildet sich eine geistige Parallelebene ein, die durch die Selbstmanipulation und verschwommene Wahrnehmung bis hin zu kompletten Wahnvorstellungen führt. Renate kontrolliert auch als Erwachsene jeden Schritt ihrer Schwester Marie und wirft Liebe, Eifersucht und Machtgefühle auf sie. Die Szenerien der Rache kippen ins Surreale und werden zur Gratwanderung zwischen zerstörerischen Fantasien und kaltblütiger Entschlossenheit. Irritierend morbid gewinnt die Ich-Erzählerin Einsicht in die eigene Disposition. Der Prozess der Einsichtgewinnung und der Besessenheit vermittelt eine überwälzende Fülle an Tragik und Eifersucht, Panik und Besessenheit. Mischkulnig reibt die Schnittstelle, wo Alltag in Verrücktes, Absurdes kippt und meistert die Schwierigkeit, dass dies nicht in die Unwirklichkeit schwappt und an Überzeugungskraft verliert, sondern das Innenleben einer Stalkerin fassbar macht. Der Sprachsog lässt viele Kritiker Jelinek erwähnen, in der Konstruktion sind Parallelen erkennbar. Die Autorin verneint aber eine bewusste Anspielung und sieht durch das Utopische eher eine Verbindung zu Ingeborg Bachmann. Radikal unversöhnlich und mit einer Furcht erregenden Psychodynamik schreibt sie einem die Gänsehaut herbei und damit das Grauen in die Glieder.

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