Was wurde über die Sümpfe und das Moor nicht schon alles geschrieben? Allein die englischen Krimischreiber ließen seit Sir Arthur Connan Doyle wohl keine Pfütze im Moor aus, der nicht eine Gruselgeschichte entstieg.
Alles schien trockengelegt, bis Stefan Kiesbye kam und etwas Sonderbares mit dem Schrecken anstellt. Er beschreibt Hemmersmoor, ein kleines Nest in den unzugänglichen Sümpfen nahe der Nordsee gelegen, abgeschnitten von allem Größeren, Hamburg und Bremen glitzern hier wie ferne Sterne. In diesem Nest lässt er es spuken, das aber richtig: Er berichtet über reales Grauen, über im Moor zurückgelassene Kinder, verwirrte Erwachsene, obskure Schlossherren. Das Beängstigende und auch Faszinierende an den Geschichten liegt in ihrer Machart. Der ganze Wahnsinn, der in diesem Dorf passiert, wird ohne Moralkeule verabreicht. Ein Leben zwischen Bedürfnissen und Irrläufen. In einer erfrischenden Trockenheit, als ob er der Berichterstatter der schicksalhaften Stunden wäre, in denen so vieles passiert, schreibt der deutsche Autor die Geschichten rückblickend nieder. Schwarzweiß flackern die Lichter, in denen es im kleinen Ort Hemmersmoor noch keine Fernseher gab, aber so vieles passierte – was nicht passieren hätte dürfen. Der Blick zurück sollte nicht andauern, die Vergangenheit, die einen einholt, kann mörderisch sein.