Der Philadelphier tauscht Gaspedal mit Mikrofon und lässt sein mit Kleinstadt-Tragödien voll beladenes Song-Vehikel durch die Tunnel der (Country-)Altvorderen rauschen. Allerdings touchiert er dabei ab und zu die Wände.
„What a man“ kommt einem beim Anblick der Pressefotos Daughn Gibsons in den Sinn. Das karierte Flanellhemd umspannt die stark behaarte Ex-Truckerbrust. Testosteron Olé sozusagen. Und: Daughn Gibson klingt (zum Glück) genauso, wie er aussieht – was für ihn wohl Segen und Fluch zugleich bedeutet. Soll heißen: Einerseits erreicht der Wiedererkennungswert seines Brustbaritons Maximalwerte. Werden seine Songs im Club des Vertrauens gespielt, erahnt man auch jenseits der Drei-Promill-Grenze was und wer da kommt. Andererseits bedeutet dies jedoch auch, dass sich Gibson wohl kaum in anderen Gefilden als dem narrativem Songwriting begeben wird können. Das in Amerika quasi wichtige und als Multiplikator verstandene Formatradio wird seine Songs wohl nie über die Wellen schicken. Gibson ist sich dessen bewusst und macht aus diesen Umständen, das, was man nun mal aus seinen Gaben machen sollte – das Beste.
Auf „Me Moan“, verschränkt der Country-Barde nun wieder, ähnlich wie auf seinem Vorgänger „All Hell“, traditionelles amerikanisches Geschichtenerzählertum mit herunter gedrilltem Dubstep à la Burial. Bei den Handlungssträngen beschränkt sich der hemdsärmelige Ex-Trucker auf Vorfälle, die seinem direkten Umfeld entsprungen zu sein scheinen („I wish we had a kid / Who never wanted to die“), gepaart mit einer ordentlichen Portion balladeskem Schwulst („You can always find my love bleeding“). Die Charaktere selbst wirken zeitweise etwas skizzenhaft und nicht wirklich greifbar. Die Songs schaffen es nicht mehr einer inneren Logik zu folgen – sie wirken eher unwillkürlich aneinandergewürfelt.
Für sein Neulingswerk setzt Gibson nun etwas weniger auf Samples und hat sich einen Pool an Instrumentalisten mit auf den Road Trip geholt – allesamt aus dem erweiterten Umfeld von Baroness. Streicher und Gitarren werden live eingespielt, der Dudelsack auf „Mad Ocean“ entstammt dem Computer. Nicht immer erwischt Gibson hier die Richtige Mischung. Das zentrale „Franco“ beispielsweise versprüht klanglich teilweise einen derartig impertinenten Bed-Of-Roses Charm, dass sich selbst hartgesottene Boygroup-Ära-Opfer peinlich berührt fühlen würden.
Insgesamt traut sich der 31-Jährige auf „Me Moan“ mehr zu und wirkt mutiger. Im Vergleich zu seinem Debüt ist jedoch ein merklicher Anteil der Dichte verlorengegangen.