Pascal Pinon

An der Grenze zum Amateurhaften bewirkt das zarte Alter, was die Großen so selten können. Eine unheimliche Authentizität. Zwei Köpfe, ein Kopfhörer, ein Gedanke.

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Staatsbankrott 2008, flugverkehrstoppender Vulkan 2010. Und was bringt Island 2011? Aus musikalischer Sicht denkt man im Zusammenhang mit Island erstens an Björk und zweitens an Sigur Rós. In Zukunft vielleicht auch an Pascal Pinon. Hinter dem Name eines zweiköpfigen Freakshow-Stars aus der Ära der Tingeltangel-Kuriositätenkabinetts (wobei der zweite Kopf „nur“ ein mit Wachs modellierter Tumor war) stehen die Zwillinge Jófrídur und Ásthildur. Weniger beängstigend bezaubern sie mit etwas, das als Nude-Folk oder Elfenpop bezeichnet werden könnte. Anstatt mit ihren sweet little sixteen durch den Cute- Faktor auf möglichst viele virtuelle Likes abzuzielen, kreieren Pascal Pinon vor allem eines: Nähe. Die kürzestmögliche Distanz zwischen der eigenen Gefühlswelt und den Adressaten ihrer märchenhaften Momentaufnahmen. Typische Atmosphäre dieser Generation oder auch der Web 2.0 Gesellschaft. Unzählige YouTube-Videos. Teenager im Schlafzimmer, Webcam-verwackeltes unscharfes Bild. Und tatsächlich begann es so. Die 14-jährigen Mädchen zogen sich gemeinsam mit den zwei Freundinnen Halla und Kristín, ihren Gitarren, Blockflöten und Glockenspielen in ihr Jugendzimmer zurück. Ein Mikrofon wurde in die Mitte gestellt und ihre ersten Songs aufgenommen. Auf ihrer MySpace-Seite steht unter „Klingt wie“ nicht ohne Grund „a whisper in your ear“. Wie der Romantiker Thoreau in „Walden“ besingt Songwriterin Jófrídur die Schönheit der Natur über den drei Akkorden des Eröffnungsstücks, übersetzt „Under Clear Sky“, das sie schon im zarten Alter von 13 als Gedicht verfasste. Überhaupt scheint das sehnsuchtsvolle Zeitalter der Romantik nicht weit hergeholt. Schwefelschwaden über dem Land, blubbernder Schlamm, riesige Gletscher. Dass die Isländer tatsächlich Feen- und Troll-Beauftragte im seltsamsten Ministeramt der Welt haben, finden wir vielleicht etwas übertrieben. Solang sie solch elfenhafte Musik produzieren, ist uns das aber herzlich egal.

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