Quiet Rooms

Zum dronig-ambientösen Klangfluss umgemodelte Aufnahmen leerer Hotelzimmer. Konzeptkunst wieder mal. Trotzdem schön.

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Experimentelle Electronica kann eine ziemlich harte Nuss sein weil man auf diesem Feld – wenn man es geschickt anstellt – wirklich so gut wie jeden Unsinn legitimieren kann, ohne dass einem einer ankann. Ein mehr oder weniger ausgeklügeltes Konzept das die sonischen Ereignisse, ihre Entstehung oder ihren Hintergrund erklärt und passend dazu ein blumig formuliertes, kryptisches (De-)Kodierungssystem anbietet, ist da in der Regel die "Verkaufstaktik" der Wahl.

Im vorliegenden Fall hat der Italiener Deison leere Hotelzimmer in Barcelona, Venedig, Los Angeles, New York und Milan aufgenommen und aus den Aufnahmen vier dronige Ambient-tracks gebastelt … wird einem zumindest als Info dazugeliefert und kann daher bei derart abstraktem Material auch nicht ausgeblendet werden. Dass dann zwischen all den extrem langsam dahinfließenden – und sich dabei aber auch fortwährend mal mehr mal weniger subtil verändernden – Flächen und dem darunter liegenden Bassblock, auch relativ konkrete Sounds wie Waschbecken, Telefone, Züge oder Katzen im Hintergrund herumwuseln, scheint ein bisschen inkonsequent. Aber Schwamm drüber. Die vier zwischen zehn und 17 Minuten langen Tracks bieten Atmosphäre und Stimmungen, keine großartige Dramaturgie.

Isolation, Düsternis und dann aber auch wohliges Eingepackt-sein in weiche, heimelige Klangpolster. Noise oder grelle Brüche gibt es keine, auch die beunruhigenderen Teile bleiben zurückhaltend. Dass jemand mit technischen Hilfsmitteln aus Aufnahmen von Räumen, in denen sich ja viele kleine, fast unhörbare Prozesse abspielen, Informationen herauskitzelt, die den Ohren normalerweise verborgen bleiben, hat schon etwas Mystisches. Und dieses Forschen und Dinge Erschaffen und Herausarbeiten, die enweder vorher so nicht da oder nicht wahrnehmbar waren, ist ja auch das, was man sich von experimentell arbeitenden Künstlern durchaus erhoffen darf. Standardmethoden und -Sounds nach dem Zufallsprinzip zu variieren tun ohnehin schon zu viele.

Dass dieses Album es seinen Hörern durch „Wohlklang“ relativ leicht macht, könnte man ihm schon fast wieder vorwerfen. Die Nähe zu Ambient ohne arty farty-Background ist gegeben. Unabhängig von der dahinterstehenden Intention ist das Album übrigens perfekt geeignet für lange nächtliche Autofahrten über vernebelte Landstrassen. Vom Rezensenten getestet.

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