Soul Jazz Records presents Acid – Mysterons Invade The Jackin’ Zone – Chicago Acid And Experimental House 1986–1993

Nostalgietrip in die Zeit des säurehaltigen House. 909-Patterns, 303-Gezwitscher, Schwulst, Kitsch, religiös anmutendes Pathos.

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Geschichtsunterricht à la Soul Jazz. 18 Tracks auf 2 CDs und eine (in der Promoversion nicht mitgelieferte) Graphic Novel beackern das im Titel angeführte Feld von Acid House. Bei der mit dieser Zusammenstellung durch Titel und Comic direkt zusammenhängenden Vorgängercompilation „Invasion Of The Mysteron Killer Sounds In 3D“ beschäftigte man sich mit Dancehall und seinen elektronisch-digitalen Mutationen und Ablegern. Das allumspannende Thema (auch für zukünftige Teile der Reihe?) dürfte also die Entwicklung schwarzer Musikkultur „in der Fremde“ sein – Afro-Futurismus, Black Secret Technologies, das volle Programm.

Bei dem Gewicht, das bei elektronischer Musik naturgemäß auf dem technischen Fortschritt und der Zukunft liegt, hat der nostalgische Blick zurück fast schon etwas Inkonsequentes. Nummern, die zu ihrer Zeit nicht zu Instant-Klassikern und damit irgendwie unangreifbar geworden sind, wirken da bald einmal etwas überwuzelt. Betrifft den traditionsverbundenen, nicht so in die Zukunft strebenden House-Sektor zwar nicht so stark, aber doch auch.

Die Tracks auf dem Sampler sind dann nach heutigen Maßstäben auch relativ rohe 909-, und 303-Jams mit schwülstigen Synths und etwas kitschigen Strings, divenhaft (von Männern) dargebrachten Lobpreisungen des House und des Clubs, und leicht untight auf die graden Drumpatterns und zischelnden Hi Hats draufgesetzten Samples. Ältere Semester, denen beim hier mehrfach vertretenen Mr. Fingers und seinem Hit „Can You Feel It“ die Erinnerung an prägende Erlebnisse in Form eines wohlig-warmen Ecstasy-Kribbelns in den Bauch strömt, werden das aber klarerweise ganz anders wahrnehmen. Und dadurch, dass dieser Sound auf Umwegen und leicht abgeändert sogar hierzulande die Radio- und Chartslandschaft in den frühen Neunzigern eine Zeitlang beeinflusst hat, könnten einige der hier benutzten Sounds auch bei Leuten, die das lang vor dem Weggehalter eher unbewusst und nebenher ein wenig mitgekriegt haben, etwas auslösen. Für Geschichtsbewusste, Nostalgiker und Sammler.

Die analoge Wärme dieser Musik fehlt einem in Laptop-Producer-Zeiten vielleicht bei vielen Tracks, gegen die für den i>Loudness War aufgepumpten Dance-Tracks der Gegenwart und ihre Tricks hätten diese Oldies im Mix aber kaum eine Chance.

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