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FINGERSCHNIPPEN DES TODES

SOULJA BOY IST GERADE MAL 17 JAHRE ALT UND HAT MIT SEINEM HIT „CRUNK THAT“ EINE TEILS HEFTIGE DEBATTE ÜBER DIE ZUKUNFT VON HIPHOP AUSGELÖST.

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Ganz neu sind die Argumente zwar nicht, aber sie haben sich an Soulja Boy besonders stark entzündet. Der Hauptvorwurf: HipHop ist tot! Wegen Platten wie dieser. Sie habe nichts weiter zu bieten, als eindimensionale und dumme Texte, viel stumpfes Gejohle und unterentwickelte Beats (von all dem übertriebenen Bling-Bling ganz zu schweigen). Was HipHop früher spannend gemacht hätte, unter anderem interessante Narrative oder überraschende Metaphern, sei hier bis aufs Letzte ausgetrieben.

Aber langsam: Ähnliche Vorwürfe trafen ein paar Jahre zuvor schon das Subgenre Crunk. Weil aber diese Musik in den Club zielte, sollten Refrains vor allem effektiv, repetitiv und einprägsam, jedenfalls aber nicht kunstvoll sein. Eine Zeitlang hatten dann auch die etablierten Stars ein paar Crunk-Songs im Programm – vom HipHop-Produzenten Jermaine Dupri wurde der Stil als schwarze Version von Punkrock bezeichnet. Die technologische und simple Bauweise hat dann der Zögling Snap Music übernommen. Bestimmende Merkmale: ein Fingerschnippen, wo früher bei Crunk noch ein Handclap war, rastlose Hi-Hats, eine dicke Bassdrum, eine nervige Synth-Linie und sonst nicht mehr viel. Nachzuhören etwa bei D4L oder Dem Franchise Boys. Beide Stile haben sich in Atlanta, Georgia, entwickelt, von wo aus neuerdings der Teenager Soulja Boy versucht, seinen Erfolg von „Crunk That“ auf Albumlänge zu reproduzieren.

Verbreitet hat sich der Track vor allem über Youtube, wo in dem zugehörigen Video gleich miterklärt wird, wie man zu dem Steeldrum-Thema zu tanzen hat. Als Zielpublikum sind offensichtlich Fünf- bis Neunzehnjährige angepeilt. Unbestritten ist auch, dass der Text auf rein gar nichts hinaus will, außer ein wenig Euphorie in die Clubs zu bringen. Die Themen des Albums beschränken sich im Wesentlichen auf dicke Ärsche, Klamotten, Handywerbung und total derbes Fingerschnippen. Insofern überrascht es nicht, dass auch in einschlägigen Fachzeitschriften kein gutes Haar an der Platte gelassen wird. Die Grundpatterns der Songs werden kaum weiterentwickelt und die Vocals variieren nur leicht in ihren endlos geheulten Schleifen. Und nur weil man weiß, dass man erschreckend simple Musik macht, wird sie dadurch noch nicht automatisch besser. Nichtsdestotrotz ist Soulja Boy zuallererst Tanzmusik für Jugendliche, ohne Anspruch auf die Wertschätzung durch Erwachsene. Ja, besser noch, wenn die Musik Erwachsene durch ihren blanken, hohlen Hedonismus schockiert. Und gerade darin ist Soulja Boy zur Abwechslung mal erschreckend gut.

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