In der Hitparade der Hippen nimmt How To Dress Well 2012 einen Fixplatz ein. Für alle anderen bleibt es wohl einfach weirder R&B.
Tom Krell ist Fan fast von allem, was sich in den Charts tummelt. Das können durchaus auch Stilblüten kanadischer Unkultur wie Carly Rae Jepsens "Call Me Maybe" sein. Wirklich wichtig sind ihm aber Janet Jackson oder Mariah Carey.
Krell ist Philosophiestudent und Trabant, kommt aus Brooklyn, lebt in Chicago, hat aber auch einen Teil seines Lebens in Berlin verbracht. Als How To Dress Well produziert er autobiographischen Falsetto-R&B. Emsig jätet er die Klangbeete, in denen die Songs sprießen sollen. Auf dem neuen Album hat er gegenüber dem Vorgänger ein klein wenig Unkraut weggeschnitten, damit die Stimme mehr Sonne bekommt. Es shoegazelt und knistert, kitscht und poppt. Und schrammt gekonnt immer genau an dem Punkt vorbei, wo es zu viel wird.
Der Totalverlust, den Tom Krell auf "Total Loss" besingt, ist echt. Mehrere private Schicksalsschläge die zur gleichen Zeit auf Krell einprasselten, sind Quell und Ausgangspunkt für eine Reise aus der Dunkelheit, ein Weg zurück, mit dem Verlust als Motor und Antrieb. Anspieltipps: "Cold Nites", "Ocean Floor For Everything" und "Running Back" – in Kombination mit "& It was U". Die beiden Songs blenden wie auf einem Mixtape ineinander über. Ein schöner Gag auf einem aus Trauer und Verlust geborenen, aber dennoch sehr lebensbejahenden Album.