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Die neuen Primitiven

Hymnische Refrains, Country-Fingerpicking, Lo-Fi-Loops und afrikanische Stammestrommeln – das Folktronic-Duo aus San Francisco liegt mit seinem zweiten Album irgendwo an der Schnittstelle des intelligenten Pop von Vampire Weekend und des perkussiven Primitivismus von Animal Collective.

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The Dodos sind experimentell, auch wenn sie sich klanglich auf ein eher spärliches, akustisches Instrumentarium beschränken: Der zweite Longplayer von Maric Long (Gesang, Gitarre) und Logan Kroeger (Schlagzeug) klingt beim ersten Hören ziemlich einfach, ist aber alles andere als simpel in der Songstruktur. Das Konzept, die Rhythmik anstelle der Gitarren in den Vordergrund zu stellen, ist hier sichtlich aufgegangen und einige der hinterlistigen, bisweilen disharmonischen Arrangements setzen sich erst beim mehrmaligen Erkunden im Gehör fest, bleiben dort aber umso intensiver hängen. Das Duo entstand 2006 aus dem Ein-Mann-Akustik-Setup von Long, als dieser für seine polyrhythmischen Experimente Verstärkung suchte. „Ich hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie The Dodos klingen sollten: Mir schwebte ein leicht psychotischer Country-Fingerpicking-Gitarren-Sound vor, der durch abgefahrene Drum-Rhythmen ergänzt wird.“ Die Begegnung mit dem Prog-Metal-Drummer Logan Kroeber, der selbst schon mit verschiedenen Schlagzeugtechniken experimentiert hatte, brachte die erhoffte Ergänzung. Seit ihrem Debüt „Beware Of The Maniacs“ sind die beiden als eine Art Singer-/Songwriter-Act mit exzessiver Mini-Percussion-Band unterwegs, deren wuchtige Drumbeats aber nicht so recht in die Coffeehouse-Szene passen wollen. Den 14 neuen Songs, deren Texte ihre Erfahrungen aus dem Tourleben behandeln, verleiht die scheinbar wie aus dem Nichts prasselnde Ideenvielfalt der beiden ein Gefühl von Spontaneität, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass der Großteil davon im Studio live eingespielt wurde. Die Single „Fools“, mit ihrem schwelgerisch erhebenden Gesang und den behutsam verzerrten Gitarren, geistert bereits seit Monaten als Geheimtipp durchs Internet, zu ihrer Klimax aber galoppieren The Dodos quer durch Folk- und Bluegrass-Gefilde in den trancemäßigen Picks und Beats von „Jodi“ und den flüssigen Slide-Riffs von „Paint The Rust“. In der zweiten Hälfte des Albums verlassen sie ihren Power-Duo-Minimalismus mit Synth-Layers über einer geisterhaften Frauenstimme („Ashley“) oder den anschwellenden Bläser-Arrangements von „God?“, wo Maric Longs samtene Stimme noch einmal so richtig leuchtet. Verblüffend, welch musikalische Facetten die Dodos schon nach zwei Jahren unter einen Hut bringen – wobei weniger Fixiertheit auf das Songwriter-Format zugunsten von mehr Forscherdrang befreiend wirken könnte.

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