Wow

Ein weiteres programmiertechnisches Muskelspiel der deutschen IDM-Veteranen das diesmal ein wenig selbstbezogen daherkommt.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Die deutschen Alt- und Staatsmeister der abstrakteren aber doch immer wieder tanzbar-rockenden Elektronik werfen nur neun Monate nach „Parastrophics“ ein weiteres Album – ihr elftes – auf den Markt. Nach dem etwas gesetzteren Vorgänger, der auf eine 5-jährige Veröffentlichungspause folgte und entsprechend durchdacht und ausgefeilt war, ist „Wow“ – das in nur wenigen Wochen entstanden sein soll – etwas „direkter“.

Dem EDM-Zeitgeist wird Don Quijote-mäßig die gute alte Schule der IDM entgegengesetzt. Der Tanzboden ist nur ein interessantes Randthema, mit dem man heftig flirtet. Es muss nicht immer schieben und die Umwege zu einem interessanten Sound oder Break sind spannender als die ökonomische Abkürzung. Der Opener ist beispielhaft. Eine Art Dubstep-Parodie mit einem Witz von einem angedeuteten Wobble, der in den großen Zwischenräumen des skelettierten Beats röchelnd vor sich hin leidet. Schon irgendwie lustig. Die Hausherren von MoMs neuer Labelheimat Monkeytown, Modeselektor, kriegen Ähnliches aber meist noch eine Spur zwingender hin.

Für MoM sind Genres nur unverbindliche Vorschläge, die man aufgreifen kann um diversen Schabernack damit anzustellen. Abstraktion wird dabei nur so weit ausgereizt, dass noch leicht erkennbar ist, dass äusserst fähige Leute am Werk sind, die auch bei den schrilleren Aktionen nichts dem Zufall überlassen. Man könnte vorbringen, dass all die kleinteiligen Spielereien, Variationen und harscheren Momente reiner Selbstzweck sind, all das Splicen, Splittern und das programmiertechnische Muskelspiel kaum Inhalt oder eine bestimmte Stimmung transportiert … Und dass das Feld auf dem hier gearbeitet wird, in den letzten 15-20 Jahren auch schon gründlich beackert und durchmessen wurde. Dass der Ausbruch aus alten Schemata längst selbst zum Schema geworden ist.

Bei geschätzten 100.000 Technoveröffentlichungen im Monat, bei denen sich auch keiner dran stößt, dass die Parameter relativ eng abgesteckt sind, ist das zwar kein gültiger Kritikpunkt, dass einige dieser „einfacher“ gestrickten Veröffentlichungen in mehr als einer Hinsicht dem Detailoverkill von MoM in der Wirkung überlegen sind, ist aber irgendwie bitter. Ein bisschen mehr Seele könnte hier nicht schaden. Damit es keine Kopfentscheidung sein muss ihre doch sehr beeindruckende Arbeit zu lieben.

Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...