Wir baten Labelboss von Temp~Records Patricia Enigl aka Irradiation zum Mail-interview. Sie berichtete uns, welches ihrer unendlich vielen Multiversen-Ichs für ihre neue EP verantwortlich ist.
Findest du kann man deine Musik im Club auflegen und in welchem Rahmen?
Ja, überall. Es kommt weniger auf den Rahmen als auf die Menschen an.
Wie findest du die Wiener Clubkultur, gehst du selbst gern fort?
Wie siehst du die Entwicklung der Wiener Clubkultur?
Ich bin derzeit wenig unterwegs, beobachte aber nach wie vor die Szene. Im Techno-Bereich gab es in den letzten Jahren einige durchaus positive Entwicklungen: Neu erschlossene Räume, DJs, Veranstalterinnen und Veranstalter, die mit viel Engagement arbeiten, musikalische Visionen haben, sich Booking-technisch nicht an Besucherzahlen orientieren, gegen den Mainstream schwimmen. Mir scheint auch: das Selbstbewusstsein lokaler KünstlerInnen hat sich geschärft.
Kritisch betrachte ich vor allem die allgemein vorherrschende Situation Club und Funktionalität versus Experiment. Ich wünsche mir eine Synergie beider musikalischer Welten, spannende Hörerlebnisse und Tanzen auf einer Veranstaltung – und das regelmäßig. Handlungsbedarf gibt es aus meiner Sicht auch beim Frauenanteil: sowohl nationale als auch internationale Bookings betreffend.
Wie bist du zur elektronischen Musik gekommen?
Als Rezipientin ist das eine sehr lange Geschichte mit vielen Umwegen und Querverbindungen. Ich könnte hier eine ausufernde Liste von Namen nennen – zu fast jedem Namen gibt es eine Geschichte, das sprengt den Rahmen. Außerdem war für mich nicht nur elektronische Musik wichtig, da gab es viel Gitarrenmusik in meinem Leben.
Aktiv: Im Teenageralter zaghaft Freunde um Erlaubnis gefragt mit ihren Synthies spielen zu dürfen, in dem Alter wären Rolemodels und Support toll und wichtig gewesen. Es hat sicher auch deswegen etwas länger gedauert, bis ich nach diversen Band-Projekten die E-Gitarre ins Eck gestellt und nach fallweisem Co-Produzieren letztlich mit eigenen Produktionen begonnen habe.
Wie siehst du das Ungleichgewicht zwischen Frauen und Männern in der DJ-Szene und was hältst du von der Plattformen wie Female:Pressure oder Ladyshave?
Plattformen wie Female:Pressure oder Ladyshave sind sehr wichtig! So lange es in unserer Gesellschaft keine Gleichstellung zwischen Frauen/Männern/Transgender gibt, sind Sichtbarmachung und Diskurs relevant. Female:Pressure ist eine umfangreichen Datenbank und ein wichtiges Netzwerk für Künstlerinnen. Neben internem Erfahrungs- und Informationsaustausch, gelingen Female:Pressure auch beachtliche Aktionen. Im September 2013 wurde in Berlin das Perspectives-Festival veranstaltet, das zwei Tage lang Showcases, Workshops und Diskussionspanels bot.
In diesem Umfeld ist auch der ”Booker’s Guide to Electronic Music – #1 Berlin Issue“ entstanden: ein Tool für Kuratorinnen und Kuratoren, Journalistinnen und Journalisten oder Bookerinnen und Bookern, welches vorwiegend Berlins kreatives Potential weiblicher DJs, Liveacts, VJs oder Sound-Engineers sowie Fakten und Zahlen zum traurigen Verhältnis Female-Male Acts on stage präsentiert.
Ebenfalls 2013 gab es die "Pussy Riot Compilation", sämtliche Einnahmen wurden dem Internationalen Support Fund zur Freilassung der Gefangenen zur Verfügung gestellt. The List goes on…
Um Temp~Records ist es ja recht ruhig geworden, wie geht es dem Label?
Temp~ war nie ein “professionelles“ Label, das monatlich Releases auf den Markt wirft. Dazu mangelt es uns an Zeit – Digilog und ich verdienen beide nicht mit Musik unseren Lebensunterhalt – und Energie. Letztere stecken wir lieber in Eigenproduktionen und veröffentlichen diese eben dann, wenn wir überzeugt davon sind. 2014 folgen jedenfalls noch weitere Releases.
Wie sollte elektronische Musik für dich klingen?
Neugierige Leserinnen und Leser sind herzlich eingeladen zu einem meiner nächsten Gigs am 24.7. (Popfest Wien) oder am 31.7. (commandyoursoul/Werk) zu kommen.
Black-Body Radiation erschien am 13.6. auf Temp~Records.
i>https://soundcloud.com/temprecords
