Screen Lights feat. Green Knights

Christoph Prenner bewegen bewegte Bilder – in diesem Kompendium zum gleichnamigen Podcast schreibt er drüber. Diesmal widmet er sich der Herzensfilmschmiede A24. Aktueller Anlass: »The Green Knight« von David Lowery.

© Eric Zachanowich / A24 Films — Dev Patel und Alicia Vikander in »The Green Knight«

In der Kolumne wie im Kino gilt: Ein guter Einstieg ist die halbe Miete. Bevor es gleich so richtig losgehen wird, schon mal die ungefähre Richtung vorgeben, Erwartungen schüren und im besten Fall Spannung erzeugen. Das geht mit bewegten Bildern zugegebenermaßen etwas einfacher als mit mitunter zum Holpern neigenden Wörtern – vor Filmstart reichen bereits einschlägige über Schirme und Leinwände ziehende Text-Bild-Kombinationen für ungezügelte Vorfreude. Ganz genau: Die Rede ist natürlich von den Logos bestimmter beteiligter Produktionsfirmen und Filmverleihe. War etwa einem Film in den 90er- und Nullerjahren der Miramax-Schriftzug vorangestellt, konnte man sich versichert wissen, dass da gleich was Fabelhaftes kommen würde.

Gegenwärtig ist es insbesondere ein sich aus allen Himmelsrichtungen farbenfroh zu einem weißen Schriftzug zusammensetzendes Markenzeichen, das regelmäßig für Furore sorgt – mittlerweile weit über cinephile Zirkel hinaus. Ganz einfach, weil dieses leuchtende A24 der gleichnamigen Company aus New York mit guter Gewissheit etwas verheißt, das Hollywoods risikoscheues Studiosystem mit seinen Sequels und Spin-offs, mit Stangenware aus den diversen Comic-Universen kaum noch bieten mag: Filmkunst, die bewegt und aufwühlt, die verwegen sein darf, ungezügelt und schwärmerisch, transgressiv und funkensprühend, gelegentlich auch hemmungslos gaga oder meta. Bloß nie: berechenbar oder belanglos.

Entsprechend liest sich die Liste der A24-Titel seit der Firmengründung 2013, angefangen beim ersten Hit, dem quietschbunten Florida-Exzentrik-Exzess »Spring Breakers«, wie eine Liste der besten Filme der letzten Dekade. Schillernde Sci-Fi-Extravaganzen wie »Under the Skin« und »Ex Machina« finden sich darauf ebenso wie feinsinnige (und Oscar-prämierte!) Coming-of-Age-Stücke wie »Moonlight« und »Lady Bird«, formatsprengender Horror wie »Midsommar« und »The Lighthouse« oder neorealistische Sozialdramen wie »American Honey« und »The Florida Project«.

Herzensfilmschmiede

Ohne große Übertreibung ließe sich diese Aufzählung noch sehr, sehr lang fortsetzen. Weil für das A24-Œuvre in der Tat gilt: All killers, (almost) no fillers. Hier hat es eben die ultimative Verdichtung von Qualität, die dann möglich wird, wenn man kreative Könner*innenschaft von Barry Jenkins und Denis Villeneuve über Greta Gerwig und Yorgos Lanthimos bis zu Sofia Coppola und den Safdie Brothers nach ihrem Gusto herrliche Hirngespinste verwirklichen lässt. Aber wir wollen uns hier ja auch noch dem jüngsten Werk aus der Herzensfilmschmiede widmen, ebenfalls von einem bewährten Wegbegleiter des Unternehmens inszeniert: David Lowery.

Verglichen mit dessen voriger Arbeit für A24, der impressionistischen Trauerstudie »A Ghost Story«, ist »The Green Knight« nun aus größerem Gestein gehauen. Einen Seitenstrang der Artus-Legende adaptierend begleitet das Mittelalterabenteuer einen Ritter der Tafelrunde, Artus’ Neffen Gawain (Dev Patel), auf einer wahrlich speziellen Reise, in deren Verlauf dieser womöglich sich selbst finden kann, auf jeden Fall aber zum sagenumwobenen Grünen Ritter finden muss. Der ihn denn als Konsequenz eines unüberlegten Abkommens köpfen wird. Eine Frage der Ehre, auf die es keine angenehme Antwort gibt.

Angenehm wenig hat dieser irrlichternde, surreale Fantasy-Fiebertraum mit seinen rumwandernden Riesen und sprechenden Füchsen dabei mit Artverwandtem wie Guy Ritchies schrecklichem »King Arthur« zu tun; vielmehr wirkt es so, als ob Lowery der »Herr der Ringe«-Reihe durch die Brille des visionären Fantasten Alejandro Jodorowsky (»El Topo«) einen inoffiziellen weiteren Teil hinzudichten wollte. Ein Eindruck, der durch die Beteiligung der einschlägigen Effektebude WETA übrigens nur verstärkt wird.

Nicht zuletzt wegen des erhöhten Budgeteinsatzes wirkt »The Green Knight« dann auch ein wenig so, als ob damit nach dem Einstieg ins Seriengeschäft (mit dem exzellenten »Euphoria«) ein weiteres neues Kapitel in der Geschichte von A24 aufgeschlagen werden könnte. Dass die Gründer Daniel Katz und David Fenkel nun auch noch Schritt für Schritt die gleichförmige Blockbuster-Welt erobern und nach ihren Regeln umgestalten möchten. Mit Produktionen, die auf unwiderstehlich aufregende Art und Weise neben der Spur liegen. Und damit immer wieder aufs Neue goldrichtig.

Christoph Prenner und Lillian Moschen plaudern im Podcast »Screen Lights« zweimal monatlich über das aktuelle Film- und Seriengeschehen. Über ihre Lieblingsfilme aus dem A24-Katalog könnten sie besonders ausdauernd debattieren. Letztlich fiel die Wahl auf »The Florida Project« und »Green Room«. »The Green Knight« läuft am 27. August 2021 in den heimischen Kinos an. Unser Kolumnist ist per E-Mail unter prenner@thegap.at zu erreichen bzw. auf Twitter unter @prennero zu finden.

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