Skaten, Linsen, Rollen und Kellerlöcher

Schon seit Jahren Institution in der österreichischen Skateszene etabliert Philipp Schuster seine Fotokunst nun auch im Rahmen der Ausstellung „A Skateboarder’s Romance“ und spricht mit uns über bodenständiges Do-it-yourself.

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Aus der Not heraus, weil sich niemand fand, der Bilder von ihnen schoss, griff Philipp Schuster, der 29-jährige Wiener Skateprofi, kurzerhand selbst zur Kamera. Das ist nun zehn Jahre her, die Not wurde zur Tugend. Mit 13 stand Schuster zum ersten Mal auf dem Brett, neun Jahre später ganz oben auf dem Podest der Europameisterschaft in Rom. Inzwischen hat er die Competitions hinter sich gelassen und sich der Subkultur dahinter zugewandt, vor allem über die Fotografie.

2008 beschließt Schuster einen weißen Fleck der österreichischen Printlandschaft zu füllen und gründet quasi im Alleingang das Skatemagazin Trottoir, um die österreichische Skateboardszene zu beleuchten. 2012 steht das nächste Do-It-Yourself-Projekt an. Im Eigenbau wird der Keller eines Wohnhauses in der Wiener Vorstadt zum Skateparadies verwandelt. Nach Monaten auf den Knien, 30 Tonnen Beton und rund 2500 Stunden Arbeit später sind die 55m² steingewordener Skatetraum befahrbar. Den gesamten Bauprozess und die ganz eigene Stimmung sieben Meter in der Tiefe hat Schuster mit seiner Kamera festgehalten und die Dokumentation in Form der Ausstellung „A Skateboarder’s Romance“ im Fotomuseum Westlicht veröffentlicht. Wir haben ihm dazu einige Fragen gestellt.

Wie gehst du mit den zwei Positionen als Skateprofi und Fotograf um, wenn du Projekte wie dein Aktuelles angehst?

Beide Tätigkeiten ergänzen sich und schließen einander nicht aus. Ich arbeite seit einigen Jahren ausschließlich an individuellen Projekten und Shooting-Konzepten. Ich habe natürlich schon einen Blick für funktionierende Stories entwickelt, da ich alle Facetten solcher Produktionen sehr gut kenne. Das ist mein Kapital als Sportler, der keine Wettbewerbe mehr fährt. Und es funktioniert besser denn je!

Prinzipiell lieber vor oder hinter der Kamera?

Das hängt davon ab, in welchem Zusammenhang ich die jeweilige Position einnehme. Bei einem Society-Event zum Beispiel würde ich weder gerne vor, noch hinter der Kamera stehen. Wenn es aber darum geht, einen feinen Action–Shot zu produzieren, stehe ich sehr gerne vor der Kamera: Da hat man zum einen ein tolles Feeling, wenn ein harter Trick klappt und wenn es davon noch ein gelungenes Foto gibt, ist das eine unschlagbares Gefühl.

Willst du uns etwas über „A Skateboarder’s Romance“ erzählen? Wie kam es von einer Bowl im Keller zur Kunstausstellung?

Der Bowl im Keller von meinem Freund Johannes war eine kollektive Meisterleistung. Über zwanzig Leuten haben rund vier Monate in der Dunkelheit verbracht um sich ihren Traum eines DIY-Bowl in diesem Gewölbe zu erfüllen. Es war für mich nur logisch die ganze Unternehmung mit meiner Kamera zu dokumentieren und diese ganz spezielle Stimmung und diesen außergewöhnlichen Ort in meinen Bildern festzuhalten.

Der Gedanke einmal eine Ausstellung zu machen war schon lange da. Es steckt richtig viel Arbeit da drinnen, auf die ich auch sehr stolz bin. „A Skateboarder‘s Romance“ ist eine Konzept-Ausstellung, die den Besucher die Philosophie von Skateboarding, der Idee des Selbermachens näher bringen soll. All die Leute, mit denen ich gemeinsam in diesem Kellerloch geschuftet habe, sollen ihre Arbeit und ihre Philosophie darin wiederkennen. Es ist ein Gesamterlebnis, mit dem ich aber nicht den den Anspruch erhebe, Kunst zu schaffen. Es spiegelt die bodenständige Philosophie von Do-It-Yourself-Skateboarding wieder.

Was wird neben Rollbrettern am liebsten geschossen?

Am liebsten fotografiere ich Reportagen und Action. Ich bin aber sehr offen, was die Zugänge angeht. Ich muss mich aber jedenfalls mit den Szenen und Menschen identifizieren können, dann steht einer schönen Arbeit nichts im Weg.

Als geborener Wiener bist du mit der Skatesituation hier bestens vertraut, andererseits bist du auch schon weit herumgekommen. Wie skatefreundlich ist Wien im Vergleich?

Ja, ich war schon sehr viel unterwegs und muss sagen, dass ich mich in Wien am wohlsten fühle. Es gibt sicher Städte die sich von der Architektur besser zum Skaten eigenen, Skateboarding bleibt aber immer ein subjektives Erlebnis: Ich kenne in Wien fast jede Straße und weiß ganz genau, wie man sich durch die Stadt bewegt und wie man das urbane Leben voll auskostet.

Wien gehört weltweit zu den Städten mit dem besten Gehsteigasphalt und hat sonst alles zu bieten, was das Skaterherz begehrt: ein schönes Stadtbild, gute Spots und ein reges Treiben in Kultur- und Nachtleben. Für mich ist Wien jedenfalls perfekt.

Hinter deinem Projekt stehen dick und fett die Lettern „DIY“. Steckt dahinter ein Aufruf, sich seine Umwelt so zu gestalten, wie man sie braucht? Besteht dafür genügend Platz?

DIY reduziert sich ja nicht auf den Bau von Skatespots. Bei der DIY-Philosophie geht es einzig und alleine darum mit vorhandenen Mitteln und der nötigen Eigeninitiative das Bestmögliche zu schaffen, sowohl im Kleinen als auch bei größeren Unternehmungen. Es ist ein Aufruf die Dinge selbst in die Hand zu nehmen und nicht auf bessere Zeiten zu warten. Das bezieht sich auf Skateboarder und ihren Lifestyle, genauso wie auf alle anderen Menschen.

Du hast in Eigenregie ein Magazin gemacht, studiert und jetzt diese Ausstellung zusammengeschustert, darf man fragen, was als Nächstes kommt?

Das Studium habe ich ja noch nicht ganz abgeschlossen. Diese Ausstellung ist auch gleichzeitig die letzte offene Projektarbeit für das Fach Ausstellungsdesign und Management. Über den Winter gehe ich dann die Master-Arbeit an. Ich hoffe, dass ich sie bis zum Saisonbeginn fertig habe, dass ich mich dann im Sommer wieder voll aufs Skaten konzentrieren kann.

Philipp Schusters Ausstellung "A Skateboarder’s Romance" ist ab 18. Oktober bis 30. Oktober im Fotomuseum Westlicht zu sehen.

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