»Wir haben uns wohl dem Pop-Genre nie mehr zugehörig gefühlt als jetzt« – Leyya im Interview

Mit Spanish Disco ist dem Duo Leyya ein vielbeachtetes Debütalbum gelungen. Nun legen sie mit Sauna nach und schüren damit bereits jetzt unsere Vorfreude auf sommerliche Partynächte.

© Meyrem-Bulucek

Der Albumtitel eures Debüts war »Spanish Disco«, jetzt »Sauna« als Nachfolger – wie geht es euch mit der momentanen Wiener Wetterlage?

Marco: Ich glaube der Titel »Sauna« hatte für uns gar nicht so viel mit dem Wetter zu tun, es war eher der Ort an sich, der für uns interessant war. Aber schon witzig irgendwie. Man könnte glauben, wir sind solche Ibiza-Partyurlauber.

Gibt es dann eine andere Story hinter dem Titel?

Marco: Es gibt schon eine Story dahinter, eine ziemlich lustige sogar. Der Albumtitel ist eigentlich aufgrund eines Fotos von einer Holzhütte, in der wir das Album aufgenommen haben und das wir auf Instagram gepostet haben, entstanden. Dass es da drinnen während der Sommermonate extrem heiß wird, ist eigentlich selbsterklärend – und auf diesem Foto auch ziemlich gut erkennbar. So gut, dass unsere Booking Agentur darunter geschrieben hat, dass das neue Album wohl Sauna heißen wird. Dann haben wir es tatsächlich so genannt. Dazu kommt, dass für uns die Sauna an sich einfach ein interessanter Ort ist, an dem unterschiedlichste Menschen von vielen verschiedenen Orten zusammenkommen. Ohne die Hintergründe des anderen zu kennen ist man einander, durch die Enge und Nacktheit, ziemlich nahe – das macht die Sauna für uns zu einem Ort der Gleichheit. Wir finden, dass das sehr gut zu unserer Musik passt und auch das Album ganz schön zusammenfasst.

Ihr habt euch musikalisch auf jeden Fall etwas verändert, geht, ohne zu sehr in Schubladen zu denken, mehr in Richtung Pop. Wie kam es dazu?

Marco: Wir haben uns wohl dem Pop-Genre nie mehr zugehörig gefühlt als jetzt.

Sophie: Dennoch war es vorher auch schon Pop. Weil Pop auch einfach ein Musikgenre ist, das sich extrem breit fächern lässt. Pop kann schließlich irgendwie doch alles sein.

Marco: Wenn man unsere Musik in eine Schublade stecken könnte, müssten wir viele Dinge überdenken. Wir haben bei diesem Album so viele Einflüsse und so viele Sounds von überall her mitgenommen und reingepackt. Dadurch kann man unmöglich zu sagen, welche Art von Pop das ist. Für mich ist es einfach diese Art von Musik, bei der man zunächst glaubt sie schon ewig zu kennen, aber die dann doch etwas ganz Frisches und Eigenes an sich hat. Mein Ziel war es außerdem, Songs zu machen, die auch aus dem crappiesten Auto-Lautsprecher immer noch klar rüberkommen.

Ihr habt gerade von vielen verschiedenen Einflüssen gesprochen… Wie würdet ihr den Entstehungsprozess an sich denn kurz umreißen?

Sophie: Wir haben nach dem ersten Album eigentlich gleich wieder begonnen, Songs zu schreiben, Skizzen zu machen, aber nie wirklich intensiv. Die letzten eineinhalb oder zwei Jahre wurde es dann intensiver und vor allem fokussierter, weil plötzlich klar wurde »ok, wir machen jetzt wirklich das zweite Album«. Wir haben aber eigentlich von Anfang an gewusst, dass wir ein wenig mehr in eine Uptempo-Richtung gehen und was den Sound betrifft ein bisschen positiver werden wollen. Wir haben damals aber noch nicht konkret gewusst, wie wir das umsetzen, ohne dabei unseren Sound zu verlieren. Mit »Zoo« wurde es für uns dann etwas klarer – bei dem Song ist der Sound doch etwas anders, trotzdem hat er sich für uns von Anfang an richtig angefühlt. Wenn das dann manchen Leuten nicht gefällt, weil es nicht mehr so ist wie der Vorgänger, dann ist das halt so.

Denkt man daran oder blendet man das komplett aus?

Sophie: Wenn du eine Idee hast, dann daran arbeitest, sie sogar zu Ende führst und dir dann denkst, dass das jetzt aber schon komplett anders ist, dann kommt einem der Gedanke natürlich schon. Aber wenn es sich richtig anfühlt, dann muss es einem einfach egal sein. Außerdem ist es ja so, dass man möglicherweise ein paar Leute verliert, aber andere auch wieder dazubekommt.

Drumsolo ist ja ziemlich gefeiert worden. Ist das etwas, wo ihr euch gedacht habt »warum ausgerechnet dieser Song«, oder war das für euch absolut nachvollziehbar?


Marco: Ich glaube, dass wir auf der einen Seite schon ziemliche Musik-Nerds sind, aber auf der anderen Seite genau wissen, wie ein Popsong auszusehen hat. Viele entscheiden sich entweder für das eine oder andere – wir sind den Mittelweg gegangen. An dieser Stelle taucht automatisch die Frage auf, wie man einen Popsong durch Experimentieren so weit ausreizen kann, dass er wirklich interessant wird und gleichzeitig einen Song macht, den auch die Oma versteht, wenn man ihn ihr vorspielt, weil die Melodie einfach und eingängig ist. Das ist uns bei dem Song einfach gelungen.

Sophie: Wir haben bei diesem Song anfangs ziemlich viel herumgespielt und eben irgendwann ein Drumsolo aufgenommen. Ein Drumsolo in einem Popsong klingt zuerst verrückt, im Endeffekt dann aber auch gut. Uns gefällt an dem Track vor allem, dass er unglaublich vielschichtig ist. Man kann ihn nebenbei konsumieren und sich über die schöne Melodie freuen, aber man kann ihn auch in all seine einzelnen Schichten auseinandernehmen.

Ihr seid ja jetzt deutlich mehr Leute auf der Bühne. Wie hat das euer Live-Gefühl verändert? Fühlt man sich in so einem Band-Gefüge mehr aufgehoben?

Sophie: Früher waren wir ja nur zu zweit auf der Bühne, weil unser Sound noch viel elektronischer war. Das würde jetzt, beim zweiten Album, gar nicht mehr funktionieren, weil die Instrumente ja viel mehr im Vordergrund stehen. Es vermittelt schon ein ganz anderes Gefühl, nicht mehr in diesem Ausmaß abhängig von einem Computer oder irgendeinem Pattern zu sein, der dir vorgibt, wie du den Song spielst oder wie lang er sein soll. So wie wir jetzt spielen, können wir einen Song auch einfach mal in die Länge ziehen und reagieren dadurch viel unmittelbarer auf das Publikum. Dadurch entsteht auch eine viel größere Dynamik auf der Bühne und das macht uns momentan auch am meisten Spaß.

Marco: Wir versuchen Technik einfach in einem Rahmen einzusetzen, der für uns Sinn macht. Ein Computer ist zum Songs schreiben essentiell, auf der Bühne ist er für uns aber eher limitierend.

Wie sind die neuen Songs live bis jetzt angekommen?

Marco: Das ist bis jetzt ein wenig schwer zu sagen, weil wir Konzerte gespielt haben, wie das im WUK, die sowieso überwältigend waren. Bei den neuen Songs ist der Weg vom Studio auf die Bühne auf jeden Fall ein viel logischerer und ein deutlich kürzerer. Die Energie die wir im Studio hatten ist auf der Bühne dieselbe oder multipliziert sich sogar noch.

Worauf freut ihr euch 2018 besonders?

Sophie: Wir können das neue Album live spielen, darauf freuen wir uns auf jeden Fall. Ein paar Songs daraus haben wir ja schon gespielt, aber das ganze Album noch nicht. Wir kommen auch wieder sehr viel herum, wir spielen am South by Southwest in Texas und in Mexiko. Es ist auf jeden Fall cool, dass der Job solche Reisen möglich macht.

Das neue Album »Sauna« von Leyya erscheint am 26. Jänner.

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