Nathalie Du Pasquier war eine Schlüsselfigur der Designgruppe Memphis, fand aber dann zur Malerei. Die Kunsthalle Wien zeigt jetzt ihre ruhigen, schönen und tiefgründigen Werke, unter anderem dieses Stillleben ohne Titel.
Wenn Nathalie Du Pasquier ein Bild malt, baut sie sich aus bunt angemalten Holzelementen ein Konstrukt. Dieses stellt sie dann vor einen farbigen Karton in eine Ecke ihres Mailänder Studios. Die Sonne fließt durch die Fenster, wirft Schatten und die Kunst ist eigentlich schon fertig. Wie man hier sieht, reichen bereits zwei Blöcke auf Podesten, ein roter Tisch und Rosa im Hintergrund. Es ist eine entspannende Wonne, der Künstlerin beim Arrangieren und Malen zuzusehen – zumindest über den Umweg des traumgleichen Videos auf ihrer Website.
Schatten, Tiefen, Perspektiven
Die Bilder Du Pasquiers strahlen dementsprechend tiefe Ruhe, kompositorische Balance und innere Freude aus – das alles mit einer nahezu beiläufigen Leichtigkeit. Die Meisterschaft der Malerin, Formen und Farben anzuordnen, ist außerordentlich, ihre wahre Kunst ist jedoch die Umwandlung einer dreidimensionalen Situation in ein zweidimensionales Abbild – eine der ewigen Herausforderungen repräsentativer Kunst. Schatten, Tiefen und Perspektiven spielen im Werk Du Pasquiers eine zentrale Rolle. Was man zuerst als Körper im Raum gesehen hat, wird auf einmal zu einer Farbfläche und umgekehrt. Dazu eignet sich der kontemplative Charakter von Stillleben wie diesem besonders gut.
Auf nach Memphis!
Nathalie Du Pasquier ist zwar Autodidaktin, machte ihre praktischen Erfahrungen aber in einer der wichtigsten Designbewegungen der letzten Jahrzehnte. Als Gründungsmitglied von Memphis war sie Teil des Kreises um den italienischen Architekten Ettore Sottsass, der in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts die vorherrschenden Gestaltungskonventionen als kalt und unemotional zurückwies. Ergebnis war der Einzug der Postmoderne ins Design. Viele der für Memphis so wichtigen Musterentwürfe für Textilien und Laminatoberflächen stammen von Du Pasquier. Sie prägte den grafisch-plakativen und gleichzeitig dynamischen Stil, der zweidimensionale Gestaltung zu einer zentralen Ausdrucksflächen der Gruppe machte. Gleichzeitig entwarf sie auch Möbel und Objekte. Diese Wechselwirkung zwischen Raum und Fläche und der Ausdruck des einen im anderen erfüllen Du Pasquiers Arbeit nach wie vor.
Realität und Leinwand
Nathalie Du Pasquier versucht ihrem Stillleben eine Stimme zu geben, ohne es allzu laut werden zu lassen. Gemeinsam mit skulpturalen Konstruktionen und Musterentwürfen aus der Memphis-Periode erzählt es vom Zusammenspiel von Raum, Objekt und Fläche. Es verhandelt leise aber beredt die Divergenz zwischen Realität und Leinwand. Und ist dabei ganz einfach schön anzuschauen.
»Big Objects Not Always Silent«, die erste Einzelausstellung Nathalie Du Pasquiers in Österreich, ist ab 15. Juli in der Kunsthalle Wien zu sehen. Auch sehr zu empfehlen ist die unterhaltsame Website der Künstlerin: www.nathaliedupasquier.com