"The next big thing"

Peter Tschmuck, Kurator der Wiener Tage der Musikwirtschaftsforschung, im Interview über Urheberrecht, Kulturflatrate und die Zukunft des Musik Business…

Angestoßen haben eine internationale Lösung bezüglich der Nutzung und somit auch der Verwertung von Musik Unternehmen wie Apple mit iTunes und Streaming Provider. Aber würde eine Kulturflatrate diese nicht wieder verdrängen?

Das wird öfter als Argument gebracht. Aber wenn man in die Praxis sieht: Filesharing ist immer noch sehr beliebt, aber dennoch etablieren sich Streaming Services und haben bemerkenswerte Nutzerzahlen. Nur, die jetzige Situation ist; nach wie vor gibt es Filesharing, aber es ist nicht remoneriert worden, also der Urheber hat gar nichts davon.

Von der Kulturflatrate würden die Rechteinhaber profitieren, die privaten Nutzer bewegten sich auf einer sicheren Rechtsbasis und trotzdem könnten – meiner Meinung nach – die kommerziellen Anbieter weiterhin ihre Geschäftsmodelle betreiben. Das Streaming beispielsweise ist wie das Radio des 21. Jahrhunderts. Es ist nicht "the next big thing", sondern ein bestimmtes Nutzungssegment. Auch Käufer der Dateien oder Tonträger wird es weiterhin geben, aber es werden Nischensegmente sein.

Das Nutzerverhalten differenziert sich aus. Für bestimmte Musik oder Musikangebote ist man bereit, Geld zu zahlen, für andere nicht. Das schöne an der Digitalisierung ist, dass das Einheitskonzept abgelöst ist. Früher musste ich mir das ganze Album kaufen, obwohl mir vielleicht nur ein Titel darauf gefallen hat.

Woran verdient der Künstler denn dann wirklich noch?

Die Einnahmequellen sind heut zu Tage wahrscheinlich wo anders zu finden; im Branding z.B. und Kooperationen; der Werbung; und es ist wichtig, möglichst viele Einnahmequellen gleichzeitig an zu zapfen. Mit vielen kleineren Einnahmequellen kann ein Künstler leben. Letztendlich wird es natürlich nur ganz wenigen gelingen, aber das war immer schon so. Nur haben heute viele mehr die Möglichkeiten dazu…

Würde sich die Festplattenabgabe erübrigen neben einer Kulturflatrate?

Es ist zumindest nicht legitim, den Endverbraucher mehrmals mit Abgaben für das selbe Produkt oder die Nutzung zu belangen. Ich halte die Diskussionen darum für eine unnötige Aufregung. In Deutschland gibt es sie – funktioniert aber nicht wirklich und wurde gerade erst eingestellt. Darüber hinaus bringt sie den Künstlern selbst tatsächlich sehr sehr wenig und nur ganz wenige von denen, die eh schon viel einnehmen. Etwa 90 Prozent der Einkommensberechtigten hätten nichts davon. Zumal es dabei wieder die Frage der Verteilung gäbe. Es ist eine Scheinlösung, keine allgemeine Lösung.

Was glauben Sie, wird es in den nächsten Jahren zu einer allgemeinen Lösung kommen? Das gleiche Recht für alle, Kulturfaltrate?

Wenn der Leidensdruck in der Musikindustrie, v.a. der Verwertungsgesellschaften zu groß wird… Streaming Services sind ja Flatrate-Modelle, aber eben privatwirtschaftliche. Aber deren innere Finanz-Verteilung ist intransparent. Anders sollte es mit Verwertungsgesellschaften laufen. Anders wäre es mit einer Kulturflatrate nach dem Vorbild des SKE-Fonds. Ich hoffe es.

Wiener Tage der Musikwirtschaftsforschung vom 20. bis 21. Juni im Joseph Haydn-Saal der Universität für Musik und darstellende Kunst.

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Peter Tschmuck ist Professor für das Fach Kulturbetriebslehre am Institut für Kulturmanagement und Kulturwissenschaft (IKM) der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien. Seine Forschungsschwerpunkte sind Musikwirtschaftsforschung, Kunst- und Kulturökonomik, Kulturpolitikforschung sowie Kulturmanagement.

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Bild(er) © Peter Tschmuck, Vienna Music Business Research Days
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