Es gibt die, die Gang für Gang durch ihre Führerschein-Experience sliden, als wäre das Leben vollautomatisch. Und es gibt die anderen, die hypernervös und ohne Geld für zusätzliche Fahrstunden einsehen müssen, dass sie in diesem Leben nicht mehr der Sebastian Vettel ihrer Fahrschule werden. Dieser Text ist für die anderen.
Das Wort Trauma steckt in Traumauto drinnen. Das eine geht wieder mal nicht ohne das andere. Tatsächlich ist den Führerschein zu machen, ein besonders gutes Beispiel für eine ganz schlechte Idee. Wer auf freie Landstraße, offenes Schiebedach und das daraus dröhnende Lieblingsalbum spekuliert, wird erstmal tief am Wunderbaum Vanille vorbeiatmen müssen. Aus dem Stand am Berg Wegfahren, Autobahnfahrt, Fahrsicherheitstraining – die Liste der Lowlights zur Lenkberechtigung ist unendlich steil – und trotzdem bleibt der kritischste Faktor ein menschlicher:
Der Fahrlehrer
Hilfreich beim Führerschein-Machen wäre es, eine kompetente Fachkraft zugeteilt zu bekommen, die einem die anfänglich positive Grundhaltung zum Steuer nicht ganz austreibt. Im besten Fall eine pragmatische Seele, die schlechte, aber harmlose Witze vom Ö3-Mikromann nachspricht, während man betet, dass das ohnehin zum Versagen öffentlich gebrandmarkte Fahrschulauto nicht wieder mitten auf der Kreuzung abstirbt, weil man panisch erneut den dritten statt den ersten Gang eingelegt hat. Viel viel schlechter allerdings trifft es einen mit der Sorte "Besonders motivierende rhetorische Frage"“. Statt die wenigen Dinge, die man richtig macht, hervorzuheben – konzentriert sich dieses Exemplar lieber ausschließlich auf die Wunden der eigenen Fahrunzulänglichkeiten: Beispiel: "Wie hom Sie die Matura eigentlich g’schafft, wenn’s ned amoi Schalten können?"
Die Fahrschulzeit ist keine (musikalisch) magische Zeit
Auch eher irritierend: Der "magische" Moment in der Fahrstunde, wenn dein Fahrlehrer dich zur Rede stellt, warum du nicht langsam genug an der "geilen Oiden" mit "Leggings und g’machten Nägel" vorbeigefahren bist – so wie einer Freundin vor kurzem passiert.
Vom Beifahrersitz aus wird aber nicht nur bestimmt, an wem man möglichst langsam vorbeizufahren hat, sondern auch welcher Soundtrack die ersten Kupplungsfehler begleitet. "Hello" von Adele, "Narcotic" von Liquido – Alles. War. Und. Ist. Möglich. Willkommen zum Russischen Formatradio-Roulette! Ja, ganz recht, das Formatradio allein bestimmt den wahren Führerscheinsoundtrack. Der totgespielteste Hit der Saison bleibt für immer und wird auch noch Jahrzehnte später die damals überstrapazierten Schweißdrüsen zu reaktivieren wissen. Wie auf alle Ewigkeit in die musikalische Erinnerungsmembran mit Datum Führerschein eintätowiert. (Danke für "The Reason" von Hoobastank an dieser Stelle.)
Nach dem Schein ist vor dem Schein
Mehrere Extrarunden später – Man hätte es selbst fast nicht mehr für möglich gehalten, den Prüfer diesmal nicht durch ein kleines Missgeschick (Vorrang nehmen) beim Fruit Ninja-Gamen auf der Rückbank aufschrecken zu lassen – sind die ersparten Scheine zwar weg, gleichzeitig beherbergen die Schlitzfächer der Geldbörse endlich Gewichtigeres als nur den praktischen Rauchfangkehrer-Kalender im Scheckkartenformat. Kurz: Alles könnte jetzt okay sein – Ist es aber nicht.
Bereit für die traumatische Abschlusskrönung? Die bestandene Prüfung, dieser kurze Zeitpunkt der Erleichterung, das ist genau der einzige legitime Moment, in dem der Wisch als besondere Errungenschaft gelten darf – bevor einem nur Minuten später bewusst wird: dass ihn erstens irgendwann noch alle z’samm’bracht haben und man zweitens jetzt allein Auto fahren muss. D’oh.
Nadine gehört zu den Leuten, für die in Jobannoncen bei "Führerschein B" der Zusatz "Mit Fahrpraxis!" eingeführt wurde.