In "Badluck" berichten Asylsuchende von ihren letzten Tagen in Syrien und dem Irak. Mit Handyfotos und Videos. Zuschauer werden Teil des Stücks. Wir wollten wissen, wie man trotz Bombenanschlägen Theater spielen kann und was "Badluck" für die einzelnen Schauspieler bedeutet.
Haidar Saad beginnt das Schaupiel (© Haidar Saad)
"Badluck" beginnt mit einer Einführung von Haidar Saad. Er eröffnet die Szene, indem er Fragen wie "Was wirst du Gott erzählen?" in den Raum stellt. Das Publikum soll mit existenziellen Dingen konfrontiert werden, so der Schauspieler.
Probenaufnahmen aus Bagdad (© Haidar Saad)
In "Badluck", das 2014/15 im National Theatre of Iraq uraufgeführt wurde, berichten Asylsuchende von ihren letzten Tagen in Syrien und dem Irak. Die Theaterarbeit wurde teilweise von Bombenschlägen unterbrochen, was die beiden Schauspieler Haidar Saad und Hayder Alchaabawi aus eigener Erfahrung schildern.
Probenaufnahmen aus dem Theater in Bagdad (© Haidar Saad)
Das Stück findet zwischen Publikum und Schauspielern statt. Nach der Einführung wird jeweils eine Gruppe von Zuschauern einem Schauspieler zugeteilt. Dieser führt seine Gruppe in einen Raum mit einer bestimmten Einrichtung, die dessen jeweilige Geschichte widerspiegelt. Das ganze funktioniert wie ein Kreis, von Raum zu Raum, von Geschichte zu Geschichte. Nachdem der achte und letzte Raum erreicht wurde, findet das Theater wieder auf der Hauptbühne statt und wird mit einer letzten Geschichte beendet.
"Badluck" in Bagdad (© Haidar Saad)
Die Probenaufnahmen von "Badluck" in Bagdad wurden teilweise von Bombenanschlägen unterbrochen. Die Mitglieder des Theaterstücks probten aber weiter, die Aufführung war sehr erfolgreich.
Schauspieler Haidar im Theater in Bagdad (© Haidar Saad)
Haidar Saad übernimmt zwei Monologe im Stück. Während der Probenaufnahmen zu "Badluck" in Bagdad gab es schwere Explosionen, bei denen Haiders Haus zerstört wurde.
Haidar Saad und ein Schauspielkollege in der Al Mutanabbi Straße in Bagdad (© Haidar Saad)
Diese Foto zeigt Haidar (links) und einen Kollegen in der Al Mutanabbi Straße in Bagdad, eine der bekanntesten Treffpunkte für Akademiker. Dort finden sich zahlreiche Buchhandlungen und Cafes. "Ich möchte, dass die Menschen wissen, wie hoch der akademische Grad im Irak ist. Wir Syrer verdanken unsere Bildung unter anderem irakischen Gelehrten", so Wael Ibraheem. Die Al Mutanabbi Straße wurde im März 2007 bei Bombenanschlägen zerstört, heute ist sie wieder restauriert.
Wael Ibraheem und Veranstalter Karl Baratta
Dieses Bild zeigt Wael Ibraheem, der bei der Inszenierung hauptsächlich als Übersetzter tätig ist, im Gespräch mit Veranstalter Karl Baratta. Man wollte für die Inszenierung in Wien authentische Geschichten von Menschen, die ihr "bad luck" selbst schildern konnten.
Brainstorming Session im Theater Nestroy (© Astrid Stelmann)
Von links nach rechts: Übersetzter Tareq, Dolmetscher Wael, die beiden Akteure Haidar und Hayder. Im Vordergrund Karl Baratta. Bei dieser "Brainstorming session" wurden die Probendurchläufe nochmals besprochen, die vier wollten den Veranstaltern ermöglichen, das Stück aus ihrer Perspektive zu sehen. "Durch das Auftreten zu viert auf der Bühne wollten wir kompetenter wirken", so Wael Ibraheem.
Tareq, Hayder und eine weitere Intendatin (© Astrid Stelmann)
Für die syrischen Schaupieler waren die Probenaufnahmen eine große Bereicherung: "Durch die Arbeit hier habe ich sehr viel gelernt. Bevor ich Karl kennen lernte, wusste ich nicht einmal, das ich das Zeug zum Schaupeieler habe", so Tareq Al Ghamian (ganz links).
Schauspieler Hayder bekommt Tipps von Karl Baratta (© Astrid Stelmann)
Hayder Alchaabawi hört Karl Baratta aufmerksam zu. In der Inszenierung werden Szenen aus dem Originalstück zitiert, wobei die Aufführung im Hamakom hauptsächlich in englischer Sprache stattfinden wird.
Schauspieler Hayder und Dolmetscher Wael im Hintergrund (© Astrid Stelmann)
Hayder Alchaabawi spielt eine große Rolle in "Badluck". Er hat sämtliche geschichtliche Ereignisse in Bagdad dokumentiert und fotografiert. In diesem Bild schildert er den anderen Mitgliedern den Inhalt von "Badluck". Wael Ibraheem übersetzt im Anschluss auf Englisch. "Die Geschichte ist sehr emotional. Ich wollte warten, bis Hayder fertig ist und ihn nicht unterbrechen", so Wael.
Eine Explosion in der syrischen Stadt Duma (© Haidar Saad)
In "badluck" stehen Bilder wie dieses im Zentrum: Es zeigt eine Explosion in einer Straße in Duma, Syrien. Duma galt lange Zeit als grüne und pulsierende Stadt, woher viele Syrer ihre Lebensmittel bezogen. Nun wurden Teile der Stadt durch russische Bombenangriffe zerstört. "Wir nennen die Situation in unserer Heimat den "syrischen Holocaust". Einfache Bürger werden getötet, müssen von heute auf morgen ihr Land verlassen", schildern die Mitglieder von "badluck".
Opfer des Terros in Duma (© Haidar Saad)
"Dieses Foto spiegelt die alltägliche Situatuion in Duma wieder", so Wael Ibraheem. "Den Menschen bleibt keine Wahl. Entweder bleiben sie in der Stadt und werden Opfer von Terroranschlägen oder sie handeln entgegen dem Regime und versuchen zu fliehen. Dann werden sie von der Regierung festgenommen und gefoltert".
Acht unterschiedliche Räume. Acht verschiedene Darsteller mit unterschiedlichen Geschichten. Das Publikum wird mit emotionalen Fragen konfrontiert und somit Teil der Aufführung. Am Schluss versammeln sich alle wieder in einem Raum und das Stück wird auf der Hauptbühne beendet.
Das war "Badluck" in Bagdad. Doch in der irakischen Hauptstadt ist Schauspiel verboten. Die Theaterproben wurden zudem von Bombenanschlägen unterbrochen. Die Darsteller und Mitglieder von "Badluck" ließen sich davon aber nicht unterkriegen, 2014/15 wurde das Stück im National Theatre of Iraq in Bagdad uraufgeführt. Und zwar erfolgreich.
Dramaturg Karl Baratta und Künstlerin Natascha Soufi wurden im Rahmen eines Projektes auf die beiden Schaupieler von "Badluck"aufmerksam. In Koproduktion mit dem Theater Nestroyhof Hamakom in Wien und Salon5 wir derzeit an einer gleichnamigen Performance gearbeitet.
Kleine Besetzung – großer Erfolg
"Badluck" bedeutet für jeden der Darsteller etwas anderes. Wael Ibraheem, einer der Schauspieler und auch Übersetzter, meint: "Mit "luck" ist das Glück, in Syrien oder dem Irak geboren zu sein, gemeint. "Bad" bezeichnet die Umstände, wie die Situation heute dort ist. Der Syrer ist wie auch die anderen Mitglieder, die wir bei dem Interview kennen lernen, aus seiner Heimat geflohen.
Tareq Al Ghamian ist bei "Badluck" nicht nur Schauspieler, sondern vor allem Dolmetscher für die beiden "Hai(y)de(a)r" aus dem Irak.
Hayder Alchaabawi studierte Fotografie und Film an der Akademie der schönen Künste in Bagdad. Er war unter anderem als Kameramann, Dokumentarfilmer und Journalist tätig und ist einer der Hauptdarsteller von "badluck".
Auch Haidar Saad verfügt über viel Erfahrung in der Theaterbranche, besitzt einen Bachelor of Arts in Schauspiel und stellte zahlreiches Bildmaterial für die Inszenierung zur Verfügung. Bei dem Gespräch mit den jungen Männern wird vor allem deutlich, wie viel Potential in ihnen steckt, wie gut die Zusammenarbeit funktioniert und wo die Parallelen zur westlichen Kultur liegen.
Das Potential und die persönlichen Erfahrungen der Asylsuchenden inspirierten auch Dramaturg Karl Baratta und Künstlerin Natascha Soufi: "Wir wollten Geschichten von Menschen, die tatsächlich aus Krisengebieten stammen. Wir sind selber sehr gespannt auf die Aufführung.".
"Badluck" wird erstmals im Februar im Hamakom aufgeführt, der Eintritt ist frei.