Es völlig egal, ob »Pixels« Schrott ist oder nicht. Ob man ihn im Kino sieht oder streamt. Das Geld kommt über das Product Placement rein.
Bewegtbild mit dem Wort »Pixels« im Titel gilt im Netz derzeit als Freiwild, egal ob Indiefilm, Musikvideo oder Kunstprojekt. Der Grund: »Pixels« heißt auch der aktuelle Adam Sandler-Klamauk, der seit Anfang August die österreichischen Kinos heimsucht. Das Filmstudio beauftragte eine Firma damit, ihr kostbares Produkt zu schützen, woraufhin die Videoplattform Vimeo mit Beschwerden bombardiert wurde. Unzählige legale Clips mit »Pixels« im Titel wurden entfernt, die Urheber abgemahnt. Wer sich noch nie in der Kunst des Facepalmings oder des Double Facepalmings versucht hat, jetzt wäre ein passender Augenblick.
Die Ironie an der Sache ist, dass Pixel im Film »Pixels« nur am Rande, nämlich auf den Bildschirmen alter Spielautomaten, vorkommen. Die Komödie dreht sich um den Angriff einer extraterrestrischen Streitmacht, die die Menschheit in Form von Videospielen aus den 80ern angreift. Die Aliens sehen also aus wie Pac-Man, Centipede und Co. – bestehen aber nicht, wie der Titel vermuten lässt, aus Pixeln, sondern sogenannten Voxeln.
Völlig witzlos hingegen und umso bitterer ist die Tatsache, dass »Pixels« zahlreichen Independent-, Low- und No-Budget-Produktionen schadet und ihnen im Stile eines Schulhof-Rowdys das Essensgeld abknöpft. Man rechtfertigt die Aktion mit, wie könnte es anders sein, der Videopiraterie. Wer nun genervt die Augen verdreht, keine Sorge, hier geht es nicht darum, wieder einmal klarzustellen, dass Filmklau kein Kavaliersdelikt darstellt. Vielmehr steht der Robin-Hood-Spirit dieser Straftat im Mittelpunkt. Videopiraterie ist ja, abseits der Legalitätsfrage, irgendwo nachzuvollziehen, nämlich frei nach dem Motto: »Wenn wir der US-amerikanischen Filmindustrie immer wieder eins auswischen, kommen vielleicht endlich mal bessere Filme«. Ein feiner, wenn auch naiver Outlaw-Gedanke, der zwar sicherlich nicht vielen Streamern und Downloadern einschießt, aber notfalls als Ausrede für ihr Tun herhalten kann. Leider ist er völliger Schwachsinn.
Die »The Interview«-Krise
Erinnern wir uns an den Skandal rund um die Rogen/Franco-Komödie »The Interview«: Am Anfang ein Hacker-Angriff auf Sony, veröffentlichte Personaldaten, mäßig brisante Läster-Mails und Drehbuch-Rohfassungen, schließlich Terror-Drohungen, die eine vorübergehende Filmsperre bewirkten, und ein politischer Hickhack, in den die USA, Nordkorea und China involviert waren. Zwischenzeitlich kündigte Sony sogar an, »The Interview« in keinster Weise zu veröffentlichen, den Film also auch nicht außerhalb der Kinosäle zugänglich zu machen: Kein Home Entertainment-Release, kein Video on Demand.
Nicht zu Unrecht hagelte es Protest, dem sich etwa auch Barack Obama anschloss. Von Zensur wurde gesprochen, von einem bedenklichen Präzedenzfall und weitreichenden Auswirkungen für die Filmindustrie. Dass diese Entscheidung so nicht stehen bleiben würde, schien aber von Anfang an klar. Nicht, um das Gebot einzuhalten oder um niemals mit Terroristen zu verhandeln und sicher nicht um der Freiheit der Kunst willen. Nein, wäre »The Interview« gar nicht gezeigt worden, hätte nicht nur Sony durch die Finger geschaut, sondern auch ihre Geldgeber. Während die Produktionsfirmen von Box Office-Umsätzen abhängig sind, geht es den Finanziers um etwas völlig anderes.
Hauptsache sichtbar
Videopiraterie wird oft als Hauptschuldige für den stetig fallenden Absatz an den Kinokassen verteufelt. Nicht ganz zu Unrecht, versteht sich, doch haben die Kinokassen als Haupteinnahmequelle der Film-Industrie nicht längst ausgedient? Wenn man sich nur zehn Minuten durch das Hollywood-schwangere TV-Abendprogramm zappt und mitzählt, wie viele leuchtende Logos eines angebissenen Apfels über den Bildschirm flimmern, wie viele rote Softdrink-Dosen, wie viele Kühlerhauben mit den Namen der jeweiligen Karossen muss man zu dem Schluss kommen, dass es den Konzernen egal ist, auf welche Weise dem Publikum ihre werbewirksam platzierten Produkte unterkommen, ob auf einer Kinoleinwand, dem Bildschirm eines Laptops oder einem Handy-Display.