Theresas Musikjahrzehnt

Am Ende dieser langen Dekade der 2010er Jahre haben wir unsere Redaktion gebeten, ihre Top-Alben und Top-Songs der letzten zehn Jahre zu präsentieren. Das ist bei Theresa dabei rausgekommen.

Die besten Alben der 2010er Jahre

Platz 10: M83 – »Hurry Up We’re Dreaming« (2011)

Am Anfang des Semesters stellen sich immer alle Hochschulgruppen bei den StudienanfängerInnen vor. In einem vollbesetzten Hörsaal spielte eine dieser Gruppen ihren Imagefilm ab und fragte im Anschluss, ob noch Fragen offen sind. Ich melde mich als einzige und frage, welcher Song in diesem Video lief. Ein paar lachen darüber, aber ich erfahre: Es war »Midnight City«. M83 hat mit diesem flächigen Maximalismus-Klassiker den perfekten Backpacking-Soundtrack erstellt. »Not all who wander are lost« – so fühlt man sich um die 20, ob mit oder ohne Australien-Aufenthalt. »Hurry Up We’re Dreaming« ist ein Indie-Klassiker der 2010er Jahre und ein nicht minder gut alterndes Album.

Platz 9: Robyn – »Honey« (2018)

Sicher sind sich KritikerInnen relativ einig, dass »Body Talk«, wodurch sich Robyn mit »Dancing On My Own« unsterblich gemacht hat, die beste LP sein muss. In »Honey« zeigt sich die schwedische Ikone aber in ihrer Verletzlichkeit wesentlich gefestigter, nahezu stoisch, wo in »Body Talk« noch die Valenz zwischen emotionalem Hoch und Tief weiter auseinander bricht. Ein generalüberholter Mood, der in eine selbstbestimmtere, emanzipierte zweite Hälfte der 2010er auch viel besser passt. »Ever Again« ist ein Fest des Bei-Sich-Bleibens und des Grenzenziehens. Für immer Therapie!

Platz 8: Bilderbuch – »Schick Schock« (2015)

»Schick Schock« war für österreichische Popmusik wohl so etwas wie disruptiv. Die damals sehr neue Bilderbuch-Marke »Österreich, but make it fashion« hat einige Wände der Musikwirtschaft durch gefräst, was im Anschluss zahlreichen Acts zugute kam. Die Mission, Pop wieder sexy zu machen, haben Bilderbuch mit diesem Album eh mühelos erledigt. Dass Maurice dieses Vorhaben für gefühlt 10 Jahre in jedem einzelnen Interview wie ein Mantra wiederholt, hätte es dafür gar nicht gebraucht. Sei’s drum, dieses Album bleibt für immer. Ein herzliches Danke!

Platz 7: Miley Cyrus – »Miley Cyrus & Her Dead Petz« (2015)

Immer, wenn Miley Cyrus nicht mit Liam Hemsworth zusammen ist, macht sie gute Musik. Ich kenne Liam nicht persönlich, aber Miley ist mein einziges über zehn Jahre konstantes Fandom, also bin ich mit ihrem Oevre bestens vertraut. Obwohl ich gar nicht Karen heiße, nehme ich »Karen don’t be sad« sehr persönlich. »BB Talk« ist eine große Spoken-Word-Nummer zwischen sexueller Autonomie und Verwirrung. Zusammen mit den Flaming Lips präsentierte sich Miley in diesem 23-teiligen Werk radikal und nach vorne – letztlich als ernstzunehmende Künstlerin.

Platz 6: Carly Rae Jepsen – »Dedicated« (2019)

Viele weibliche* Künstlerinnen interpretieren die aktuelle Welle des Feminismus für ihre Popmusik in einer Haltung, die Selbstbestimmung mit emotionaler Autonomie verbindet. »I’m tryna catch millions / I ain’t tryna catch feelings« singt Lizzo zum Beispiel. Es gibt im Pop-Mainstream wie auch im feministischen Diskurs auch Platz für eine andere Haltung: Ich fühle sehr viel und das dürfen alle wissen. Carly Rae Jepsen zelebriert das Zu-viel-Sein, den Umgang mit Verletzungs-Potential von Emotionen. MusikkritikerInnen-Lob gab es vor allem für ihr Album »Emotion«. Im Sprung auf die nächste LP zeigt sich Carly in ihrem Selbstverständnis aber noch klarer. »I’m not over you / but I’m trying«, singt sie in »Party For One« und da ist radikale Selbstakzeptanz manchmal schon das meiste, das man für sich tun kann.

Platz 5: Rihanna – »Anti« (2016)

Nach dem Release von »Anti« war Rihannas neuester Streich wochenlang geliebtes Gesprächsthema. »Ist das noch Mainstream-Pop oder ist das schon Kunst?«, fragten sich die Indie-VertreterInnen. »Rihanna ist immer schon Kunst!«, meinte die Neigungsgruppe Mainstream. Was war zuerst da: »Anti« oder der Diskurs, ob die Grenzen zwischen FM4 und Ö3 immer mehr verschwimmen? Worauf du ebenfalls keine Antwort haben wirst: Wer hat die 2010er derart geprägt wie Rihanna?

Platz 4: Frank Ocean – »Blonde« (2016)

Die albumgewordene Depression. Alle haben 2016 Frank Ocean gehört und alle waren traurig. Am traurigsten und gleichzeitig schönsten ist dabei, wie state-of-the-art dieses höchst antizipierte Werk produziert ist. Frank Ocean ist ein eigenes Genre. Frank Ocean ist, was du draus machst.

Platz 3: Charli XCX – »Pop 2« (2017)

Charli ist laut Spotify mein Artist des Jahrzehnts und ich könnte das auch notariell beglaubigen lassen. »Pop 2« ist das perfekte Album. »Unlock It« ist der perfekte Song. Charli selbst ist der Beweis, dass Pop eine hohe Kunstform ist. Es gibt für nahezu jedes zwischenmenschliche Gefühl einen passenden Charli XCX Song. Und »Pop 2« stellt dafür das Best-Of.

Platz 2: Kanye West – »My Beautiful Dark Twisted Fantasy« (2010)

Von vorne bis hinten größenwahnsinnig. »My Beautiful Dark Twisted Fantasy« war das erste Album, das ich hörte und wusste: Da würde jetzt wirklich jede/r sagen, dass das außergewöhnlich gut ist. Kanyes Fantasy hat Rap verändert, hat Nicki Minaj entdeckt, hat alle verwirrt. Alles andere hat er selbst schon gesagt.

Platz 1: Sophie – »Oil Of Every Pearl’s Un-Insides« (2018)

Warum dieses Album für einen Grammy nominiert wurde, ihn aber nicht bekommen hat, ist eines der letzten großen Rätsel der Menschheit. »OOEPUI« ist ein Meisterwerk mit einer einzigartig großen Spannbreite zeitgenössischer Musik. Ein Album, auf dem nach der wunderschönen Kate-Bush-Gedächtnisnummer »It’s Okay To Cry« eine Watschn wie »Ponyboy« folgen kann, ohne dass man dies je infrage stellen würde. Nach Sophie ist vieles nicht mehr dasselbe. Krach ist plötzlich Melodie, das eigene Face ist nun »the front of shop«. Alles macht Sinn.

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