Theresas Musikjahrzehnt

Am Ende dieser langen Dekade der 2010er Jahre haben wir unsere Redaktion gebeten, ihre Top-Alben und Top-Songs der letzten zehn Jahre zu präsentieren. Das ist bei Theresa dabei rausgekommen.

© Sofie Kronberger

Es ist ein quasi unmögliches Vorhaben, zehn Jahre Musikgeschichte in eine objektive Liste zu bringen, auch wenn es alle Musikmedien versuchen. Es folgen meine ganz ehrlichen, persönlichen Charts – Hymnen, die mich begleitet haben in den Jahren seit ich 16 war. Zuerst Songs und dann – für die Harten – ganze Alben.

Die 10 besten Songs der 2010er Jahre

Platz 10: Danny L Harle – »Broken Flowers« (2013)

Via Hannah Diamonds »Fade Away« bin ich in die mich erwartenden Arme von PC Music gelaufen. Entweder man liebt das künstlerische Konzept des UK-Labels und respektive des ganzen Genres, das es geprägt hat, oder man versteht es nicht einmal in seinem Ansatz. Danny L Harles »Broken Flowers« kann zwar sowohl zum Label als auch zum Genre gezählt werden, ist jedoch im Vergleich zu Blüten wie GFOTY oder A.G. Cook himself um einiges verträglicher für diejenigen, die die Kapitalismuskritik hinter dem Bubblegumpop nicht sehen.

Platz 9: Empress Of – »Woman Is a Word« (2016)

Seit ich »Woman Is a Word« das erste Mal hörte, weiß ich, was KatholikInnen an der Litanei finden. Der bis dahin größte Hit der Empress von Los Angeles besteht aus einer einzigen gesanglichen Linie, die sie mit parolenhaften Lyrics füllt, begleitet von alarmierenden Glocken. Es ist jedes Mal eine feministische Messe, die wir mit »Woman Is a Word«, verbunden durch Kopfhörer, alle miteinander feiern.

Platz 8: Mavi Phoenix – »Quiet« (2016)

Als »Quiet« die Runde machte, war ich The-Gap-Praktikantin und nichts in meinem Alltag war länger da als zwei Monate. »Life is always on now /
I’m always awake now«, hat mich als Lyric sozusagen abgeholt. Es gibt keinen Song, der einen vergleichbaren Vibe hat wie dieser erste Überhit von Mavi – weird, beengend, anxious, und bis zum Himmel emotional. Für mich bis heute ein in seiner Emotionalität unerklärbares musikalisches Phänomen.

Platz 7: Solange – »Losing You« (2012)

Bitte nicht hauen: Ich habe »Losing You« zum ersten Mal erst 2017 gehört – und zwar live. Noch nie und nie wieder habe ich mich mit einer fremden Menschenmenge tatsächlich verbunden gefühlt. Es war mir ein bisschen peinlich, dass ich diesen offensichtlichen Smash-Hit, den alle mitsingen konnten, nicht kannte, aber in erster Linie war ich weggefetzt von Solanges Bühnenpräsenz. In dem Moment wollte ich nirgends anders sein als in der Nähe der Person, die dieses Stück geschrieben hat.

Platz 6: Tove Lo – »Disco Tits« (2017)

»Disco Tits« ist das, was man auf einer so genannten »Mixed Generation Party« spielen muss. Die Millennials erfreuen sich an den expliziten Lyrics, die Boomer sind vom Beat verzückt. Es ist aber auch ein Tove Lo Essential. Tove, eine der unterschätzten Künstlerinnen des vergangenen Jahrzehnts, bedient eine Brand, die im Mainstream lange gefehlt hat: Eine bisexuelle Frau, die Spaß am Dating findet, und die einen Grant auf hübsche Menschen hat, während sie gleichzeitig obsessed mit ihnen ist.

Platz 5: Lorde – »Green Light« (2017)

A BIG one. In zehn Jahren hat fast jeder Mensch mindestens ein Mal eine Trennung erlebt. Ist man in den Fünf Stadien des Verlusts irgendwo zwischen Wut und Akzeptanz angekommen, fetzt einen »Green Light« richtig weg – selbst wenn man diesen Lorde-Klassiker schon so oft gehört hat. »Green Light« ist kein kontextloser Song. Er macht vor allem was mit einem, wenn man wirklich auf Grünes Licht wartet. Dann aber ist diese Hymne genau das, was man braucht.

Platz 4: Bilderbuch – »OM« (2014)

Es ist Sommer 2015, ich bin immer noch ein Alman. Es ist super heiß, weswegen ich nur in Unterwäsche auf einem Europaletten-Bett liege, das bereits massive Rückenschmerzen verursacht. Wie es der damaligen Medienstudierenden-Norm entspricht, war ich obsessed mit Jan Böhmermann. Vier Typen spielen in dessen Show einen Song über Softdrinks. Ich möchte gerne mehr erfahren, greife zum Handy, drücke auf »OM« und fühle mich richtig glücklich – ohne aber, ohne wenn, ohne Notifications. In der Rückschau war das der Moment, in dem ich wohl zum ersten Mal in Erwägung zog, nach diesem hoffentlich letzten unbezahlten Praktikum nach Wien zu ziehen. Mittlerweile bin ich mir der anfänglichen Vermutung leider sehr sicher: Bilderbuch werden nie wieder einen Song wie »OM« schreiben. Ein bisschen ist das aber egal, denn den Unterhosen-Moment kann mir niemand nehmen – nicht mal »Mr. Refrigerator«.

Platz 3: Rihanna, Calvin Harris – »We Found Love« (2011)

2011 war die Hochzeit des klassischen EDM. Calvin Harris bereitete sich auf sein Banger-Album »18 Months« vor und David Guetta bewegte sich zeitlich zwischen »Sexy Bitch« und »Titanium«. Ich habe damals, 17-jährig, fast ausschließlich Mainstream Dance Pop gehört. »We Found Love« ist dabei bis heute ein Klassiker. Der Song ist die Hoffnung der noch sehr jungen Menschen, die später Millennials genannt werden, in einer Welt, die in ihrer Komplexität nicht mehr zu begreifen ist, doch noch Liebe zu finden. Er ist der Song für halb eins in der örtlichen Dorf-Disco, bald kommen die Eltern einen abholen und man hat trotz vierstündiger Werkschau des eigenen Looks niemanden aufgerissen. Es ist der Song, den man dann mit der besten Freundin singt und nicht mehr enttäuscht ist, sondern dankbar. Wer mir und meiner Sozialisation nicht vertraut, kann sich auch auf Pitchfork beziehen.

Platz 2: Charli XCX, Christine and the Queens – »Gone« (2019)

Es gibt wenige Songs, bei denen man buchstäblich ab dem ersten Ton etwas fühlt. »Gone« hat sich mir schon Wochen vor dem Release als geleakter Live-Mitschnitt in meinen Feed vorgestellt und ich wusste schon anhand der doch recht schlechten Aufnahme nebst mehrsprachigem Fan-Kreischen, dass dies etwas großes sein wird. In »Gone« präsentiert sich eine ganz andere Charli XCX – eine, die sich verunsichern lässt, eine die sich auch mal unwohl mit sich und der Welt fühlt. Es hat noch keiner/keinem Artist geschadet, echt zu sein. Doch »Gone« hebt Charli als Songwriterin via universelles Relatable-Sein in ungeahnte Höhen.

Platz 1: Loreen – »Euphoria« (2012)

Die meisten Leute verstehen meine Obsession mit diesem »everlasting piece of art« nicht. Zugegeben verstehe ich wiederum schon, dass man grundsätzlich kein Fan vom Produktionsstil des Jahres 2012 und vom campy Eurovision-Genre sein muss. Doch »Euphoria« ist ein unfassbar gut geschriebener Song. Ich höre es eigentlich immer. Zum Empowern, zum Belohnen und zum Fühlen. »Euphoria« steht auf meinem T-Shirt, »Euphoria« steht auf meinem Kaffeehäferl. Und es sollte hie und da auch auf deiner Playlist stehen.

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