This Human World, das International Human Rights Film Festival, findet heuer zum 15. Mal statt. Und zwar – nach den coronabedingten Einschränkungen – endlich wieder im Kino. Es ist die erste Festivalausgabe unter der Leitung von Carla Lehner, die im Antrittsinterview über ihren Anspruch an This Human World und dessen diesjähriges Programm erzählt.
Du hast mit der heurigen Ausgabe die künstlerische Leitung von This Human World übernommen. Wie sieht deine persönliche Geschichte mit dem Festival aus?
Carla Lehner: Meine Begeisterung für Film habe ich 2018 entdeckt, während meines ersten Jahres bei This Human World.Während meiner Studienzeit habe ich mich schon immer für gesellschaftspolitische Themen und deren Einbettung in Kunst und Kultur interessiert. Besonders fasziniert hat mich die nähere Auseinandersetzung mit dem Medium Film, da es so ein vielfältiges Medium ist – an der Schnittstelle von Kunst, Geschichte, Politik und Wissenschaft. Film ermöglicht einen Zugang zu Geschichten, die sonst womöglich ungesehen oder unerzählt bleiben würden. This Human Worldist als ständig wachsende Plattform eine weiterführende Informationsquelle und bietet die Möglichkeit, Lebensrealitäten zu zeigen, die im öffentlichen Geschehen in den Hintergrund gedrängt werden.
Welchen Anspruch hast du als Festivalleiterin an This Human World? Was kann das Festival erreichen?
Auch wenn wir als Festival einen gewissen cineastischen und künstlerischen Anspruch an die Filme haben, stehen natürlich die Geschichten, die Protagonist*innen und die Filmemacher*innen im Vordergrund. Film hat das riesige Potenzial, neue Zugänge zu schaffen, und dementsprechend haben wir uns bemüht, ein Programm zusammenzustellen, das verschiedene Möglichkeiten des Storytellings aufzeigt.
Neben dem Wettbewerbsfilmprogramm wird heuer endlich wieder die musikalische Nightline belebt, das Rahmenprogramm im Allgemeinen erweitert, um die in den Filmen behandelten Themen in weitere Kontexte zu stellen. Es wird zahlreiche Q&As, Diskussionen und Workshops geben, die weitere Ansätze und Perspektiven eröffnen und das Publikum zur aktiven Teilnahme einladen. Das Festival wird die Welt nicht verändern, aber wir versuchen, es so gut wie möglich als Plattform zu nutzen, um Bewusstsein zu schaffen und Raum für Austausch und Diskussion zu geben.
Zusammengefasst wäre mein großes Ziel, ein Publikum außerhalb der üblichen Bubble für Film zu begeistern und es zur aktiven Teilnahme an aktuellen politischen Debatten zu animieren.
Wir leben aktuell in einer Zeit multipler Krisen. Inwiefern bilden sich diese im Programm ab?
Mit der Programmierungversuchen wir so weit wie möglich, die Krisen und Ungerechtigkeiten, mit denen wir täglich konfrontiert sind, aufzuzeigen und sie in einem kritischen und breiten Kontext zu beleuchten. Es ist schier unmöglich, alle Perspektiven, Krisen und Menschenrechtsverletzungen auf dem Festival zu thematisieren. Entsprechend hat sich das Festival auch in diesem Jahr wieder thematische Schwerpunkte gesetzt. Feminismus, Entstigmatisierung von Geschlechterrollen und Kampf gegen Diskriminierung (»Gender Shift / Equal Rights«), Krieg und Formen des Protests (»Conflict / Collective Activism«), Arbeitsrecht und Arbeitswelten(»New Work Realities«), sowie Umwelt und Migration (»Environmental Change / Changing Environment«) werden im diesjährigen Programm thematisiert. Das Festival konnte auch dieses Jahr wieder von externer Expertise profitieren. Der Kurator Adrian Haim, hat den Themenschwerpunkt zu Antisemitisus (»Old Myths / New Antisemitism«) zusammengestellt.
Die Entscheidung, einen iranischen Film als Eröffnungsfilm zu zeigen, war auch eine politische Entscheidung. Die Situation im Iran erschüttert uns enorm und ich sehe es als die Aufgabe eines Festivals mit Reichweite, diese Plattform zu nützen, um auf genau solche fundamentalen Menschenrechtsverletzungen, wie sie derzeit an der iranischen Bevölkerung begangen werden, aufmerksam zu machen.
Zum Abschluss: Worauf freust du dich besonders beim ersten Festival unter deiner Leitung?
Ich freue mich besonders, dass wir in diesem Jahr wieder die Möglichkeit haben, viele Filmemacher*innen, Besucher*innen und Interessierte in den Kinosälen zu treffen. Ich bin auf interessante Begegnungen mit Menschen gespannt, die alle auf ihre Art und Weise Türen für neue Perspektiven und Sichtweisen öffnen.
Das Festival This Human World findet heuer von 1. bis 11. Dezember statt – wie gewohnt in Wien, vor allem im Schikaneder und im Top Kino.