Die Dialekt-Rapper Kreiml & Samurai haben heuer mit »Wiener« und dem Album »Wuff Oink« ordentlich abgeräumt. Anlässlich der Premiere ihres neuen Livevideos standen uns die beiden per Mail Rede und Antwort – zu Wienklischees, Türkis-Blau und Michi Häupl.
Wir dürfen heute die Premiere eures neuen Livevideos präsentieren: »Wiener«, der große Hit aus eurem insgesamt sehr erfolgreichen aktuellen Album »Wuff Oink«, aufgenommen bei eurem Auftritt beim Popfest – der Höhepunkt eines großartigen Jahres?
Kreiml & Samurai: Das war definitiv einer der Höhepunkte und für uns ein unvergesslicher Moment. Die Crowd, die Kulisse und der Sommer. Traumhaft! Danke dafür.
Und woran erinnert ihr euch 2018 sonst noch gerne zurück? Woran weniger gerne?
Kreiml: Abgesehen von den vielen Konzerten und der ganzen spürbaren Liebe, hat sich um den Schweinehund mittlerweile eine richtige Familie formiert, die uns an allen Ecken und Enden unterstützt und ohne die das alles nicht so wäre, wie es ist. Diese ganze gemeinsame Reise durchs »Year oft he pig-dog« bleibt unvergesslich. Wir lieben euch! Weniger gerne erinnert man sich an Autopannen, Stunden im Stau und das deutsche Eck. War aber im Endeffekt auch alles halb so wild.
Samurai: Ich kann mich leider und zum Glück an kaum was erinnern. War also scheinbar eine gute Party!
»Wiener« nimmt vieles aufs Korn, das man als typisch Wienerisch bezeichnet – im Guten wie im Schlechten. Wieviel Hass und wieviel Liebe habt ihr für die Stadt und seine Bewohnerinnen und Bewohner übrig?
Kreiml: Es ist, wie gesagt, »doch ois a Klischee« und hängt dementsprechend immer vom jeweiligen Individuum ab.
Samurai: Wien ist einerseits eine wunderschöne Stadt mit einer extrem hohen Lebensqualität, andererseits schwelgt man hier oft in der Vergangenheit und sonnt sich kulturell gern im Glanz vergangener Tage. Für fortschrittliche Ideen bleibt da manchmal wenig Platz. Die Stadt wehrt sich förmlich gegen Veränderungen, insofern hat man das Gefühl Wien hatscht im internationalen Vergleich immer etwas hinterher, quasi wie ein Wiener Walzer bei dem die Eins auch mit etwas Verzögerung einsetzten sollte.
Der Wiener Seele haben sich schon viele musikalisch angenähert – welche ist eure liebste Hymne ans vermeintlich »goldene Wiener Herz«?
Kreiml: Zuerst gehört mal gesagt, dass wir mit dem Begriff »goldenes Wiener Herz« aktuell nichts Gutes verbinden. Unglaublich, dass eine Auszeichnung, die diesen Titel trägt, an Polizisten für ihr rassistisches Vorgehen verliehen wird. Nepp, du Depp! Auf Musik bezogen gibt es da einige Werke. Schwierig da eine Lieblingshymne zu nennen. Georg Kreislers »Wien ohne Wiener« trifft es zum Beispiel ziemlich auf den Punkt. In Sachen Rap finde ich den Track »Kiener Wind« vom aktuellen Kaka-Album richtig gut gelungen.
Samurai: Für mich persönlich »Wean, du bist a Taschenfeitl« aus dem großartigen Abum »Heurige und gestrige Lieder« von Qualtinger und Heller. Die Zeilen »Wean, du bis a Taschenfeitl unter an Himmel aus Schädelweh. A zehnmal kochtes Burenheidl auf des i ned haas bin und trotzdem steh. Du bist a Feuersalamander auf einer Gstättn aus Marzipan. Du gibst kan Hoit ned und host ka Glander mechst gern an jeden owezahn!«, beschreiben diese Stadt einfach unglaublich treffend.
Ihr äußert euch in euren Lyrics immer wieder politisch und habt klar gegen Rechts Position bezogen. Was kann Musik, was können Musikerinnen und Musiker mit ihren Aussagen bewirken? Erreichen sie mehr als nur jene, die ohnehin ihrer Meinung sind?
Kreiml: Das ist schwer zu sagen. Ich glaube aber ehrlich gesagt nicht, dass jemand auf Grund unserer Musik bzw. Texte seine politische Meinung ändern wird und man sowieso hauptsächlich Menschen erreicht, die gleiche oder zumindest ähnliche Ansichten und Prinzipien vertreten. Um zu sagen, inwiefern man Einfluss auf das Bewusstsein, sich orientierender Jugendlicher hat, fehlt mir einerseits der Einblick, andererseits mag ich mir auch gar keine Vorbildwirkung anmaßen. Trotzdem gehört es für uns einfach dazu, sich immer wieder zu positionieren und zu zeigen, was man denkt und wo man steht. Wir machen das halt eher mit einzelnen Zeilen als ganze (partei-)politische Abhandlungen in Tracks zu verpacken.
Samurai: Im Zeitalter der Social-Media-Blasen hören sich die Leute eh nur mehr das an, was ihre eigene Meinung widerspiegelt und sie darin bestätigt. Als Mundart-Rapper läuft man aber sehr schnell Gefahr ins patriotische Fahrwasser zu geraten. Deshalb ist es für uns umso wichtiger, uns politisch klar zu positionieren, damit wir nicht plötzlich ungewollt im rechten Eck landen. Vielleicht ist unsere tiafe wienerische Art die beste Möglichkeit ein paar andersdenkende Leute zu erreichen und sogar zum Nachdenken über ihre politischen Einstellungen zu bewegen.
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