Vienna Shorts jetzt noch kürzer

Das Wiener Kurzfilmfestival steht vor dem Aus. Es drohen Kürzungen von bis zu 25% des Gesamtbudgets. Wir haben die Vienna Independent Shorts per Mail erreicht.

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Vor allem zwei Faktoren bedrohen die Zukunft der Vienna Independet Shorts akut: der Wegfall des Hauptsponsors und eine offene Förderzusage über fast 10.000 Euro. Damit bleiben 11.000 Euro des BMUKK und 15.000 bis 25.000 von der Stadt Wien als Förderungen mit dem sich ein mehrtägiges Festival und ein ganzjähriger Betrieb ausgehen soll. Die da wären: der Aufbau eines Kurzfilmarchivs von mehr als 6.000 Einzeltiteln und eine Künstlerdatenbank mit derzeit knapp 1.200 Internet-Seiten . Jährlich werden bei VIS rund 300 internationale Kurzfilme gezeigt, davon je rund 240 Filme, die vorher noch nie in Österreich zu sehen waren. VIS veranstaltet das ganze Jahr über Kurzfilm-Screenings in ganz Österreich und ist mit bei internationalen Festivals zu Gast. VIS kooperiert mit wichtigen Festivals wie der Berlinale, Clermont-Ferrand, dem Kurzfilmfest Hamburg oder Partnern in Belo Horizonte, Melbourne, Kapstadt.

Wir haben den künstlerischen Koordinator der Vienna Indepedent Shorts, Daniel Ebner, kurz bevor der Stecker gezogen wird per Mail für einige Antworten erreicht.

Würdet ihr eher das Festival einstampfen als versuchen 2011 eine reduzierte oder verkürzte Variante des Festivals zu machen um kommendes danach auf Sponsorensuche gehen zu können?

Das Festival 2011 nicht abzuhalten, geht eigentlich nicht mehr. Die Filmauswahl ist getroffen, Verleihe und Filmschaffende verständigt, Kinos gebucht, Texte geschrieben, etc. – das heißt, das Ganze ist zwei Monate vor dem "Startschuss" schon so auf Schiene, dass eine Absage zu dem Zeitpunkt fast nicht mehr möglich ist. Die Frage ist eher, in welcher Form das Festival 2011 noch stattfinden kann – und ob man dann überhaupt noch von einem Festival reden möchte: ohne Katalog, ohne viele internationale Filmschaffende, ohne die vielen kleinen Dinge, die ein Festival sonst so ausmachen. Und die noch größeren Probleme treten unmittelbar danach auf, wenn die Geschäftsführung nicht mehr gezahlt werden kann und der ganz normale Jahresbetrieb plötzlich stillsteht. An eine vernünftige Planung für 2012 – und die beginnt eigentlich schon jetzt – ist da kaum zu denken.

Wie überraschend kam es zur Absage von LG Electronics? Gab es ein längerfristiges Sponsoring-Versprechen?

Die Absage kam leider sehr überraschend. Das Verhältnis mit LG ist sehr gut, die jeweiligen Leistungen vom vergangenen Jahr haben eigentlich auf beiden Seiten Anklang gefunden. Leider haben sich die Verhandlungen für dieses Jahr schließlich immer länger gezogen, die internen Direktiven und Budgetvorgaben dürften sich in dieser Zeit auch geändert haben. Dass die Entscheidung dann letztendlich erst zwei Monate vor dem Auftakt gefallen ist, ist natürlich umso bitterer für uns.

Wie viel eurer Gelder kamen bisher aus Ticketverkäufen?

Die Ticketverkäufe sind für uns leider nicht ganz so relevant, weil mit den meisten Location-Partnern eine 50-prozentige Einnahmenteilung vereinbart ist. Am Ende machen diese Einnahmen dann rund zehn Prozent des Gesamtbudgets aus. Da etwa auch – wie bei Filmfestivals üblich – etwa zwanzig Prozent der Sitzplatzkapazität für Akkreditierte freigehalten wird und es in Österreich eher unüblich ist Akkreditiertengebühren zu erheben, entfallen auch so noch mögliche Ticketeinnahmen. Dieser Prozentsatz ist bei uns aber ohnehin noch verhältnismäßig niedrig.

Arbeitet ihr bei der Erstellung des Kurzfilmarchivs und der Künstlerdatenbank mit anderen österreichischen Film-Institutionen zusammen? Kann man darauf zugreifen?

Die Künstlerdatenbank ist auf www.viennashorts.com unter "Service" bereits "versteckt" abrufbar, soll aber noch – wenn sie ganz fertig ist – eigens gelauncht werden. Die Arbeit ist der Einzelinitiative unseres Geschäftsführers Raimund Liebert und seinen Helferinnen und Helfern zu verdanken und vielleicht eines der umfangreichsten Nachschlagewerke für Künstlerinnen und Künstler im Bereich Kurzfilm und Neue Medien. Die Datenbank erhebt dabei vorläufig auch gar keinen Anspruch auf Vollständigkeit – aber es sind alle Filmschaffenden, die jemals mit VIS in Kontakt gekommen sind, dort gelistet. Beim Archiv sieht es derzeit so aus, dass man da nur rankommt, wenn man mit uns Kontakt aufnimmt – hierfür wäre aber eigentlich geplant gewesen, in den kommenden Jahren eine gute Webpräsenz und entsprechende Verleihmöglichkeiten aufzubauen. Wenn es hierfür interessierte Partner geben sollte, sind wir für alles offen. Vorher muss aber erst mal die Existenz überhaupt gesichert sein.

Habt ihr auch versucht von anderen Stellen Geld zu bekommen, denen Film ein Anliegen ist? Was gäbe es außer Bund, Land und Sponsoren noch an Möglichkeiten das Festival zu sichern?

Stadt und Bund sind für die Hauptsubventionen unsere Ansprechpartner, aber natürlich gibt es auch noch einige kleinere Institutionen wie Verwertungsgesellschaften und Fachverbände, die uns seit Jahren unterstützen und ohne die vieles sowieso nicht möglich wäre. Schwierig ist die Situation mit Filminstitut (ÖFI) und Filmfonds Wien, die sich beide in erster Line für Langfilme zuständig sehen, aber eigentlich ja auch den Filmstandort stärken sollen – was das ÖFI seit einigen Jahren dankenswerterweise macht, der Filmfonds jedoch leider nicht. An anderen Möglichkeiten hoffen wir schon seit geraumer Zeit, dass private Kulturinvestitionen bis zu einem gewissen Grad irgendwann vielleicht auch in Österreich steuerlich absetzbar sein werden. Einige befreundete Festivals in England oder den USA finanzieren sich zum Beispiel schon lange Zeit durch die Gelder filminteressierter Zahnärzte – beneidenswert, nicht? 😉

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