Wie hat sich die Wiener VJ-Szene über die Jahre verändert? Und was hat Sound:frame dazu beigetragen? Woher kommen diese Frauen? Und sind Clubs politisch? Fragen, die wir Ursula Feuersinger gestellt haben.
Der Werdegang von Ursula Feuersinger lässt sich sehr einfach auf ihrem Linkedin-Profil nachlesen – Ausbildung in Salzburg, Graz, Potsdam, hinterher Arbeiten in Shanghai, Genf, Melbourne oder auch für die Austrian Airlines und das Technische Museum Wien. Offenbar ist sie eine, die fast gleichzeitig mit dem Sound:frame Festival in Wien Fuss fassen und mit ihren Arbeiten ein sehr gutes Auskommen finden konnte. Sie bezeichnet sich heute als New Media Designerin. Zwischen grafischen und künstlerischen Feldern zu wechseln, ist für sie eine Selbstverständlichkeit. Das war übrigens auch bei sehr vielen Dudes des Wiener Jugendstils so, diese Widerspruchlosigkeit zwischen Design, Kunst und Grafik.
Nach Gustav Klimt, Kolman Moser und Wiener Werkstätte haben wir allerdings zu fragen vergessen.
Dich als VJ zu bezeichnen wäre zu einfach. Wie gross ist denn die Kluft zwischen Kunst, Clubkultur und Werbung? Oder arbeitet man heute ohnehin mühelos in verschiedenen Bereichen?
Ich persönlich komme aus dem Bereich Grafik- und Motion Design. VJing war lange Zeit ein Steckenpferd für mich, dass ich neben meinen „ernsteren“ Jobs betrieben habe. Mittlerweile hat sich das tatsächlich gewandelt. VJing ist für mich heute ein Betätigungsfeld, in dem ich beruflich sowohl kommerzielle als auch künstlerische Arbeiten realisieren kann. Eine Kluft dieser Sphären sehe ich nicht; das wechseln zwischen den Disziplinen ist für mich Normalität und ich bin auch froh darüber.
Müsste ich mich für nur einen Bereich entscheiden wäre ich vermutlich sehr unglücklich darüber: Nacht ein, Nacht aus, im Club zu stehen? Nur Werbung zu machen und kommerziellen Ansprüchen gerecht werden? Mich alleine im Kunstbereich behaupten zu wollen? Schwierig. Ich denke, jede Visualistin und jeder Visualist hat da auch seine oder ihre Lieblingsfelder – bei mir ist das nicht anders. Dabei sehe ich mich mehr als Designerin, weniger als audiovisuelle Künstlerin.
Ich denke speziell in der Kunst gibt es sehr talentierte Leute, die auch nur das machen – hier spiele ich zB nicht mit. Ich freue mich aber, wenn meine Arbeiten auch teilweise im Kunstkontext ihren „Raum“ finden.
Normalerweise wirkt elektronische Musik immer noch von Männern dominiert. Ist die VJ-Szene da die erfreuliche Ausnahme oder ist Wien da die erfreuliche Ausnahme?
Die Wiener VJ-Szene ist aus meiner Perspektive sehr gut durchmischt! Es gibt so viele talentierte Frauen … und auch Männer. Ich denke das ergibt sich in Wien relativ natürlich. Ich weiß aber auch von Wiener VJ-Festivals, die hier wirklich gezielt im Booking darauf achten, dass der Frauen- und Männeranteil ausgeglichen ist. Das ist dann wiederum kein Zufall und ich finde es auch gut, dass Frauen insofern gefördert und gezeigt werden.
Die diesjährige Sound:frame-Ausstellung steht unter dem Thema „If this is the answer, what is the question?“ Dabei sollen auf Reflexionsprozesse innerhalb der Entwicklung audiovisueller Formate, das audiovisuelle Kunstwerk und dessen Rezeption sowie der Begriff der audiovisuellen Kunst in den Mittelpunkt gestellt werden. Sag mal: What is the question?
Naja ich denke die Frage ist, was audiovisuelle Kunst ausmacht. Was ist es, dieses gewisse „Mehr“ das im Zusammenspiel von Klang und Licht entstehen kann. Unter welchen Bedingungen entsteht dieses „Mehr“, welche Kriterien können es beschreiben, aus welcher Materie ist das „Mehr“ gemacht? Oder: was ist des audiovisuellen Pudels Kern?
In meinem beruflichen Alltag muss ich auch oft das zu gestaltende Medium als solches hinterfragen – verändert es sich in der Zeit, im Raum, wie wird es an- oder abgegriffen, betrachtet, gewendet, welche Formen kann das annehmen … was gibt es her. Und wenn ich darauf noch eine spannende Antwort finde, zeigt sich das (hoffentlich!) auch in der Qualität der Arbeit.
Insofern glaube ich, dass weitergeleitet die Frage nach dem „Mehr“ in audiovisuellen Arbeiten auch in Form von „guter Qualität“ wahrgenommen wird. Aber genau – warum ist die Arbeit dann gut, das ist vielleicht auch ganz heruntergebrochen die Frage.