Viva Las Vegas

Mit der Nase im Dreck suchen die „Trüffelschweine“ von Las Vegas Records seit sieben Jahren nach Perlen im heimischen Musikmarkt. Zum Jubiläum plaudern wir über anfänglichen Dilettantismus, Selbstironie und die Hürden der Digitalisierung.

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Der österreichische Indie-Musikmarkt ist nicht gerade als leichtes Pflaster verschrien, der Platz speziell für deutschsprachige Bands nur beschränkt. Hinzu kommt noch, dass Albumverkäufe tendenziell zurückgehen und die digitale Vermarktung zunehmend an Bedeutung gewinnt. Für die Vielfalt des heimischen Musikmarkts bedeutet dies, umdenken zu müssen. Mit sieben Jahre auf dem Buckel und elf Bands unter Vertrag sehen die Jungs von Las Vegas Records beruhigt und positiv in die Zukunft. Wir haben mit Andreas Jantsch über digitale Vermarktung, deutschsprachige Musik und die Zukunft für Indie-Labels gesprochen.

Sieben Jahre – Zeit für einen kleinen persönlichen Rückblick?

Nach einem sehr dilettantischen Anfang und nicht einmal rudimentärem Wissen, wie ein Label so läuft, haben wir seit ein paar Jahren ein überraschendes Maß an Professionalität gewonnen. Wir wundern uns täglich, wie es so weit kommen konnte, sind aber sehr zufrieden damit.

Auf eurer Stirn prangen dick die Lettern „Indie“. Welches sind die großen Herausforderungen mit denen im heimischen Musikmarkt zu kämpfen hattet/habt?

Die größte Herausforderung hat eigentlich einen sehr erfreulichen Ursprung: Durch die Vielzahl an namhaften und guten Bands und das Wachsen der ganzen Indieszene inklusive Labels, Booker und Co wird’s immer schwerer aufzufallen und „oben“ zu schwimmen. Drum picken wir uns nur die Rosinen aus dem Indiekuchen. 😉

Euer Steckenpferd war zu Beginn deutschsprachiger Alternative-Pop. Mit Kommando Elefant, C-60, Fresco habt ihr einige talentierte nationale Künstler des Genres in eurem Roster. Ist neben Lokalmatadoren wie Kreisky, Attwenger und co. noch Platz für deutschsprachige Musik in Österreich?

Sehr gut beobachtet! Ja, deutschsprachige Musik hatte und hat einen großen Stellenwert bei unserem Label – auch privat hören wir das sehr gerne. Deutsche Texte sind immer noch eine Chance sich von der klassischen VierJungeMännerspielenGitarreIndieRockband abzuheben, auch wenn es heute immer mehr deutschsprachige Bands gibt. Und gute deutsche Texte bewegen mich einfach mehr als Englische. Aber zur Frage: Auf jeden Fall, es kann gar nicht genug deutschsprachige Bands geben.

Viele andere haben inzwischen bei euch Einzug gehalten, hat sich der Fokus verschoben?

Mit dem Alter ändert oder vielmehr erweitert sich auch der Musikgeschmack und somit auch der Fokus. Für uns war aber sehr schnell klar, dass wir uns nicht auf ein Genre festlegen wollen. Da sind unsere Geschmäcker auch viel zu verschieden. Eins haben aber alle Bands gemeinsam: großartige Musik.

Mit dem Neuzugang Roy de Roy haben auch Balkanklänge bei euch einen Platz gefunden. Ein Experiment oder versteckt sich dahinter ein Trend im österreichischen Markt?

Der Trend, der sich dahinter verbirgt, ist folgender: Roy De Roy ist eine der besten Live-Bands, die ich je gesehen habe. Bei irgendeinem Benefiz-Konzert haben sie als relativ unbekannte (oder besser gesagt von den Medien nicht beachtete) Band den ganzen Saal zum Kochen gebracht. Gute Live-Performances werden in der Zukunft immer wichtiger und darauf achten wir sehr. Live sind eigentlich alle unsere Bands top.

Welche Eigenschaften sollte ein Vorzeige-Las-Vegas-Records Act haben?Gibt es Kriterien, die man mitbringen muss?

Wir sehen uns ja ein bisschen als die Trüffelschweine der doch hauptsächlich österreichischen Musikszene: Wir stecken unsere Nasen in den Dreck und holen dann idealerweise junge, neue und eigenständige Künstler hervor, die ihre Musik und ihr Schaffen ernst nehmen, ohne dabei zu verkopft zu sein. Ein bisschen Selbstironie und Augenzwinkern kann dabei nie schaden.

Digitalisierung und Streaming sind die neuen Stichworte am Musikmarkt. Weltweit hört man seitens der Künstler Klagen über schlechte Konditionen und Entwertung der Kunst. Wie seht ihr der digitalen Zukunft entgegen, wie reagiert ihr darauf? Wie sieht die Digitalisierung im Bereich Independent Musik aus?

Ich bin kein großer Freund von Schwarzmalerei und sehe lieber die positiven Dinge: Noch nie war es so leicht, so viele Menschen mit Musik zu erreichen. Musik ist omnipräsent. Jedes Handy spielt MP3 s, kann streamen und Videos abspielen. Und die Erträge aus Downloads und Streaming übersteigen die CD-Verkäufe (zumindest im Handel) um ein Vielfaches. Ganz ehrlich: ich freue mich auf das erste Album aus dem Hause LasVegas Records, das nur mehr digital erscheint. Keine Presskosten, keine Lagerkosten, kein Postversand. Schön.

Welche Fragen wünscht ihr von uns euch in sieben Jahren gestellt zu bekommen?

Verdirbt so viel Geld nicht den Charakter?

Anlässlich des Geburtstages veranstaltet Las Vegas Records drei Abende in Wien, Linz und Graz bei denen sich Maur Due & Lichter, My Name is Music, Popsch, Dawa und C-60 die Ehre geben.

Bild(er) © Kommando Elefant: Ingo Pertramer
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