Das Leben bevor es aufhört

In seinem neuen Film "Hin & Weg" spielt Florian David Fitz einen ALS-erkrankten Mann, der mit seinen Freunden seine letzte Reise antritt. Wir reden mit ihm mal nicht darüber, dass er so heiß ist und wie er zur Liebe steht, sondern über seinen toten Hund und sein Ego.

Viel Tod und Sterben in letzter Zeit bei dir. Wie lenkst du dich davon ab?

Ich lenke mich nicht davon ab. Also selbst das mit dem Hund … So traurig ich war und das war wirklich furchtbar, hatte ich das Gefühl es ist richtig. Ich hab ihn quasi ins Leben gebracht, ich hab die Verantwortung, ihn gut rüber zu bringen. Genauso ist es mit dem Film. Wenn du es schaffst den Tod gemeinsam gut über die Bühne zu bringen und ihn zu akzeptieren, dann hat das etwas sehr stabilisierendes und tröstliches. Und tatsächlich verankert dich das sehr im Leben. Die ganzen Probleme, mit denen man sich so herumschlägt, wie es automatisch mit dem Kinobesucher passiert, relativieren sich auf dem Sterbebett.

Es ist dann so ein Schock, weil man sich vorher nicht damit auseinandergesetzt hat.

Ja, und es kriegt so eine Heiligkeit, weil der Tod immer so leise getreten wird. Ich habe einen Nachruf gelesen, den ein Sterbender für sich selbst geschrieben hat. Was ich ganz schön finde, weil oft sitzt du in der Kirche bei einem Begräbnis und denkst dir: Was redet der Mensch da vorne? Bei dem selbst verfassten kann man sagen: Dieser Mensch war ich. Ich frage mich auch, warum das so getrennt wird. Klar, die Leute sind müde und andersseitig. Aber dieses leise sprechen und leise treten: Oh Gott, da stirbt jemand (geflüstert). Das finde ich furchtbar, da schnürt sich mir Seele zu.

In einem anderen Film "Lügen und andere Wahrheiten" spielst du einen Yoga-Lehrer. Wie ist da die Spiritualität mit dir durchgegangen?

Ich hab vorher schon Yoga gemacht, aber ich durfte dann noch einen Yoga-Lehrer Kurs machen. Dabei ging es viel um Meditation, weil Yoga ja letztenendes eine Vorbereitung auf die Meditation ist, die genau das trainiert, was mit dem Tod zu tun hat. Nämlich einfach da sein und nicht beurteilen. Bei einer Sache bleiben können und einfach lassen können. Und nicht umsonst wissen die, dass man das trainieren muss. Nicht, dass ich es tue. Aber es ist natürlich hilfreich. Wenn du das immer schön übst, dann kannst du gut loslassen. (lacht)

Aber dann tut man nichts anderes mehr.

Naja, ich glaube schon, wenn man das fünf Minuten am Tag macht, würde das schon reichen. Das war früher beten oder so. Das hat schon alles irgendwie einen Sinn.

Du hast dich mittlerweile durch einige Männlichkeitsbilder durchgearbeitet. Du warst ein Arschloch, Yoga-Lehrer, ein Sterbender, Jesus. Wie siehst du den Mann von heute?

Wir sind alle verwirrt und extrem gestresst, weil wir zu viele Möglichkeiten haben. Für Frauen ist es noch schwerer, weil es einfach nicht möglich ist eine krasse Karriere hinzulegen und gleichzeitig Kinder großzuziehen. Natürlich kann das auch der Vater sein. Manche Sachen werden aber auch schwerer für uns Männer. Wir sind zwar froh, dass diese ganzen alten Rollenbilder aufgebrochen sind, aber die haben uns Sicherheit gegeben. Man muss echt charakterfest sein, um zu sagen: Aus den 5 Millionen Produkten, die mir hier angeboten werden, finde ich den einen klaren Weg. Ohne zurück zu wollen, haben uns diese Rollen auch Entscheidungen abgenommen. Heute müssen wir alles individuell entscheiden: Was für eine Karriere wir haben wollen, was für einen Beruf. Wir haben den Zwang uns selbst zu verwirklichen. Und dann kommt natürlich die ultimative Beleidigung, dass man irgendwann nicht mehr da ist, die große Kränkung für unser Ego.

Das Gefühl von Unsichtbarkeit oder das Gefühl, dass man untergeht. Eben das Ego ist einfach viel zu groß.

Ja, es wird einem einfach vorgemacht, dass nur das wertvoll ist. Aber das ist es ja gar nicht. Das macht uns nur die Angst, nicht da zu sein.Wir sind da und dann sind wir weg. Also eigentlich simpel.

"Hin & Weg" mit Florian David Fitz startet am 24. Oktober in österreichischen Kinos. Die Premiere von "Hin & Weg" wird von Biorama präsentiert und findet am Donnerstag, 16. Oktober, im Filmcasino statt.

Bild(er) © Mathias Bothor, Wolfgang Ennenbach / Filmladen Filmverleih
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