Wiener Clubs im Interview: Sass Vienna

Die Wiener Clublandschaft floriert. Wiener Clubs genießen mittlerweile einen guten internationalen Ruf bei Acts, Bookern und – vor allem – dem Publikum. The Gap sieht genauer hin und trifft einige Clubmacher zum Interview. Heute: Sebastian Schatz vom Sass Music Club.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

In den Räumlichkeiten des Sass war bereits in den 70er Jahren ein Club beheimatet und nannte sich "Lords Club". Über ein Jahr dauerten die Umbauarbeiten, inklusive Behördengänge und Geldnöte, bis der Raum so wie er heute existiert betriebstauglich war. Der Ort gab auch irgendwie die musikalische Linie vor. Zwischen Platzhirsch und Passage einerseits sowie Roxy und Market auf der anderen Seite suchte man sich eine mal anspruchsvolle, mal anspruchslose Nische. Mittlerweile sind Roxy und Market zu, die Linie ist geblieben.

Über die vergangenen Jahre wechselten Geschäftsführer und Veranstalter. Doch einer blieb. Sebastian Schatz – von Beginn an dabei – ist einer der zwei aktuellen Geschäftsführer und steht selbst so gut wie an jedem offenen Tag hinter dem Tresen. Grund genug um ihm ein paar Fragen zu stellen.

Seit wann gibt es das Sass und seit wann seid ihr Geschäftsführer des Clubs?

Den Sass Music Club gibt zirka seit fünf Jahren. Ich war von Anfang an dabei, als Unterstützung der damaligen Geschäftsführung. Gregor Imhof wurde dann von mir, wegen längerer vergeblicher Suche nach sinnvoller Unterstützung in gastronomischen Belangen, hinzugezogen. Echte Geschäftsführer sind wir beide in Wahrheit erst nach der Betriebsübernahme durch uns selbst geworden.

Der Name Sass stammt von dem legendären Einbrecherduo, Franz und Erich Sass. Hätte man da nach der Übernahme durch euch zwei nicht auf einen klingenderen Namen wie Dillinger wechseln können?

Der Name Sass war immer schon fragwürdig, aber auch prägend und immer schon Grund vieler Fragen. Jedoch war dieser schon lange etabliert, bevor wir das Lokal übernommen hatten. Darüber hinaus wollten wir der ursprünglichen Idee Respekt zollen und haben daher vieles so belassen, wie es grundlegend ausgedacht war. Außerdem ist der Sass Music Club, ein durch seine Gäste lebendes Lokal und diesbezüglich ist der Name bereits eine Marke.

Mit eurer Größe und Kapazität liegt ihr im guten Mittelfeld der Wiener Klubs. Auf wie viele Besucher ist das Sass zugelassen und was passt im Durchlauf rein?

Das bleibt unser Betriebsgeheimnis.

Nach der Schließung von Roxy und Market und den momentanen Problemen des Morisson Club seid ihr neben Club-U und Brut in der Gegend fast alleine. Was habt ihr richtig gemacht? Hattet ihr nie Anrainerprobleme?

Nein, wir hatten nie Probleme mit Anrainern. Das heißt aber nicht, dass wir keine Anrainer haben. Der Umstand, dass unsere Anrainer freundliche Menschen sind und wir als Lokal an einer der größten und lautesten Straßenkreuzungen Wiens existieren, ist für uns eben ein glücklicher Zufall. Wenn man als Lokalbetreiber die Umgebung des Lokals vergisst und alle gesetzlichen Rahmenbedingungen mehr als nur dehnt und man sich nur selten, oder gar nicht auf sein Gegenüber einlässt, muss man damit rechnen, dass man sogar mit der MA48 Probleme bekommt.

In Wien zählt ihr zu den Clubs mit den besten Anlagen? Was kann eure Anlage und was kostet so etwas?

Über Ausgaben sprechen wir nicht. Wir definieren uns aber auch nicht durch bloße Kosten, irgendwelcher Dinge. Was an der Anlage gut ist, zeigt sich in ihrer Qualität und vor allem, an der Grundidee dahinter. Wenn wir vom Sass Music Club reden, dann muss man immer im Hinterkopf behalten, dass der Club eine echt geringe Grundfläche aufweist. In dieser Winzigkeit von Club, der sich hinsichtlich der Größe mit Clubs wie Volksgarten, Passage, Pratersauna und Grelle Forelle nicht messen kann, findet sich jedoch ein System von Klang und Licht, dass seines gleichen erst suchen muss. Bei uns sind Licht und Ton untrennbar verbunden. Nur deswegen stimmt hier die sonst recht dürftige Aussage: Bei uns kommt es nicht auf die Größe an!

Thema Afterhour: Ihr gehört zu den wenigen die diese auch so gut wie jeden Sonntag anbieten. Gibt es einen Grund warum ihr keine am Samstag Morgen anbietet?

Wenn wir Samstags in der Früh auch noch eine Afterhour veranstalten, würden wir erstens, bald nur mehr als Geister unserer selbst existieren und zweitens, unseren Ruf aufs Spiel setzen. Wir wollen einfach kein reiner „Afterhour Club“ sein. Die Afterhours sind legendär, keine Frage. Das sind aber auch unsere anderen Veranstaltungen.

Einer von euch beiden steht meistens hinter dem Tresen, oft habe ich euch auch beide im Club arbeitend gesehen. Macht ihr das wegen dem Geld oder aus Überzeugung?

Das Lokal an sich verdient nicht viel Geld. Es deckt wenigstens die Kosten. Wenn wir außerhalb des Clubs ein gutes Leben führen können wollen, müssen wir eben mehr arbeiten, als andere Clubbetreiber. Das bedeutet, dass wir in bestimmter Hinsicht auch hinter der Bar stehen müssen. Wir leben vor allem vom Trinkgeld, wir leben daher grundsätzlich erst durch jeden unserer Gäste. Aber dies fällt uns auch deswegen alles sehr leicht, da wir dies vor allem aus Überzeugung machen.

Wer macht eure besten Parties und warum funktioniert der Donnerstag plötzlich so gut?

Die einzige Veranstaltungsreihe, die wir selbst machen, ist die Donnerstagsparty, die wir in Wahrheit aber auch nicht alleine machen. Auch hier haben wir so etwas wie eine Kooperation, oder vielmehr eine Synergie des Wahnsinns mit zwei Deejays etabliert. Die Donnerstage funktionieren deswegen so gut, weil unser Augenmerk stark auf die Deejays und die Gastronomie gerichtet ist und nicht bloß auf den finanziellen Erfolg. Unter unseren Veranstaltern gibt es prinzipiell und der Erfahrung nach keinen Besten.

Was sind eure persönlichen Highlights seit Bestehen und worauf freut ihr euch heuer besonders?

Die Afterparty der Hochzeit von Sven Väth bei uns war sicherlich ein großes Highlight. Generell ist es aber immer wunderschön mit anzusehen, wie sich Menschen aus verschiedensten Kulturen und sozialen Schichten, in unserem Lokal mischen, miteinander trinken, tanzen und verlieben und sich darüber hinaus von der Stimmung als gemeinsamen Nenner, mitreißen lassen und sich miteinander gut verstehen. Wir sind diesbezüglich immer wieder mit Vorurteilen bestimmter Gäste konfrontiert, die der Meinung sind, ein anderer Gast passt ihnen gerade gar nicht ins persönliche Bild. Wenn wir aber dann gerade diese Personen miteinander ins Gespräch führen, ergeben sich immer wieder die interessantesten Geschichten. Ich halte nichts von Clubs, wo man ausschließlich des Trinkens, der Musik, der Frauen oder der Konformität der Gäste wegen hingeht. Ich halte eine Mischung aus allem Möglichen viel spannender und aufregender.

Weitere Club-Interviews und Artikel zum Thema Wiener Clubkultur: www.thegap.at/wienerclubkultur

Clubkultur auf Foursquare: www.foursquare.com/wiener-clubkultur

www.sassvienna.com

Bild(er) © Sass, Claudio Farkasch, Veronique Giroud
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...