Viel Sex, wenig Leute und ein Dinosaurier, das wartet hinter der tschechischen Grenze bei Znaim. Der junge Fotograf Paul Sebesta hat diese skurrile Stimmung in Bildern eingefangen. Wir durften ihm dazu einige Fragen stellen.
Für die einen liegt das Gebiet zwischen der österreichischen Grenze und der tschechischen Stadt Znaim nur auf dem Weg nach Prag. Für die anderen ist dieser menschenleere Landstrich aber genau das Ziel ihrer Vergnügungstour. Bordelle schießen wie Pilze aus dem Boden, leicht bekleidete Damen räkeln sich auf Werbetafeln. Hier blüht das Geschäft mit der Liebe. Hier, gleich hinter der Grenze gibt es billigen Sex.
„Hinter der Grenze“ – so heißt auch die Fotostrecke des jungen Wiener Fotografen Paul Sebesta. Die Bilder des 21-Jährigen zeigen die Tristesse der Ortschaften und lassen auch durchblicken, wie Sextourismus dort seinen Platz gefunden hat. Prostitution in Tschechien ist rechtliche Grauzone. One man’s heaven is another man’s hell.
Deine Fotoserie heißt „Hinter der Grenze“. Wie verschlug es dich in diese Gegend?
Zu der Serie kam es, als ich einmal am Weg nach Prag durch diese Gegend gefahren bin und mir aufgefallen ist, wie sehr sich das Ortsbild kurz nach der österreichischen Grenze verändert. Die Straßen werden schlechter, die Häuser sind teilweise verfallen und die Stundenhotels sprießen aus dem Boden. Das zu dokumentieren war im Großen und Ganzen meine Intention.
Die Fotos zeigen ziemlich triste Ortsbilder…
Viele der Häuser sind zur Hauptstraße hin frisch renoviert, sodass beim Durchfahren der Dörfer ein ganz guter Eindruck entsteht, sobald man aber von der Durchfahrtsstraße abbiegt und sich die Gegend ansieht, in der die Menschen leben, bemerkt man erst, dass hinter schönen Fassaden oftmals Armut beheimatet ist.
Sextourismus soll dort eine große Sache sein. Wie hast du das vor Ort mitbekommen?
Überdimensionierte Wegweiser zum nächsten Bordell sind oft das Erste, das einem ins Auge springt, bevor man zum nächsten Ort kommt, meistens noch vor der Ortstafel. Die diversen Clubs und Bars sind auch in der Regel die Gebäude, die am schönsten hergerichtet sind, zumindest von außen. Das alleine zeigt schon welchen Stellenwert Sextourismus hier hat.
Wie viele Bordelle hat es da so durchschnittlich gegeben in einem Ort?
Schätzungsweise zwei bis drei pro Ort. Es heißt aber nicht, dass in jedem Ort eines ist. Oft gibt es auch einen großen Club etwas abseits.
Hast du auch ein Bordell von innen gesehen?
In einem Bordell war ich nie drinnen, aber darum ging es mir auch nicht so wirklich.
Wie haben die Einheimischen in den Ortschaften auf dich reagiert?
Viele Einheimische habe ich nicht getroffen. Von den wenigen, die ich getroffen habe, gab es höchstens ein paar skeptische Blicke, mehr aber auch nicht.
Ist es Absicht, dass keine Menschen auf den Fotos zu sehen sind?
Ja, denn so habe ich die dokumentierten Orte auch wahrgenommen. An vielen Orten hätte ich lange warten können und es wäre mir trotzdem niemandem begegnet.
Was hat es mit dem Dinosaurier auf einem der Fotos auf sich?
Der Dinosaurier ist ein Modell des „Prehistoric Park Chvalovice“, einer Dauerausstellung von prähistorischen und eiszeitlichen Tieren. Ein bisschen Jurassic Park in Tschechien.
Verbessere mich, wenn ich falsch liege, aber dein Schwerpunkt liegt in der Architekturfotografie. Was ist das Spannende an Architekturfotografie?
Spannend finde ich, wie man mit wenigen Bildern einen Ort oder ein Gebäude beschreiben kann, ohne alles zu zeigen und vorwegzunehmen. So kann man zum Beispiel Bilder von einem Gebäude sehen und sich seine eigene Geschichte dazu zusammenreimen. Welche Menschen hier wohnen oder wie die restliche Umgebung aussieht.
Du warst Assistent für einen großen Namen dieser Branche, Hertha Hurnaus, wie war das?
Mit Hertha arbeite ich nach wie vor zusammen und darüber bin ich auch sehr glücklich. Durch die Mitarbeit habe ich einen guten Einblick in den Berufsalltag bekommen und konnte viele Erfahrungen im Umgang mit großen Architekturbüros sammeln. Das ist gerade für mich als jungen Fotografen sehr spannend und lehrreich.
Nach welchen Kriterien bzw. wie wählst du deine Fotomotive aus?
Bei der Motivwahl spielen viele Faktoren eine Rolle. Häufig ist ein wichtiges Kriterium, um bei der Architekturfotografie zu bleiben, die Komposition von Elementen oder auch verschiedene Strukturen und Gegensätze im Raum, an denen der Blick hängen bleibt. Doch oft ist es auch reine Gefühlssache. Wenn ich mir das Motiv gut im Rahmen eines Fotos vorstellen kann, fotografiere ich es auch, wenn nicht eben nicht. Da kann es auch vorkommen, dass Motive in Realität spannend aussehen aber auf einem Foto diese Spannung nicht erhalten bleibt. Letztendlich ist der Blick für ein gutes Motiv auch sehr stark Übungssache.
Weitere Arbeiten von Paul Sebesta finden sich auf seiner Website.