Beirut sind geeicht darauf die Melancholie und Sehnsuchtsmomente des Vagabundierens zu vertonen. Egal ob das Mittel zur Fortbewegung die Fantasie oder das Flugzeug ist – Reisen sind oft Kraftakte. So wie neue Alben.
Wir haben kurz über das Video gesprochen. Solche Videodrehs sind schon nervenaufreibend und anstrengend, oder?
Ja. Besonders wenn sie um Fünf in der Früh starten.
Deswegen hab ich mich gefragt, ob das mit dem Stinktier Absicht war, um den Prozess zu beschleunigen.
Haha. Nein. Das bringt nichts. Beim Drehen heißts sowieso immer: „Schnell! Schnell!“ Schnell!“.
Im Video sieht man Euch generell viel rumlblödeln. Hat Humor jetzt einen stärkeren Stellenwert in deinem Leben?
Komm. Ich bin erst 29. Ich hab zwar schon ein bisschen was mitbekommen aber ich laufe jetzt nicht die ganze Zeit todernst rum. Eigentlich hat mich die Idee des Regisseurs (Anm.: Brother Willis) überzeugt, weil der den Titel so wörtlich genommen hat. (Lacht).
Ich hatte es echt satt mir Ideen für Videos anzusehen, in denen ich in irgendeinem Kostüm verkleidet, unterlegt von diesem Sepia-Ton, irgendwas schauspielern sollte. Dieser Vorschlag war das genaue Gegenteil. Und das gefiel mir.
Auf dem Album gibt’s auch einen Song namens „August Holland“. Der Typ war ja Maler. Deine Mutter hat auch gemalt, oder?
Ja. Aber die wär echt wütend, wenn ich die mit August Holland gleichstellen würde. Mir gefiel da einfach der Name. Der geht leicht von der Zunge. Der Grund warum der Song so heißt ist eigentlich wegen dem Studio, wo wir das Album aufnahmen. Das ist in D.U.M.B.O. Brooklyn und ein richtiges Verlies im Keller eines Industriegebäudes. Es stinkt und es ist düster. Unser Bassist (Anm.: Paul Collins) hat dann als Witz in einem Laden für wohltätige Zwecke dieses August Holland Bild erstanden. Es war eine Landschaftsidylle mit Schnee und der Zeichner war August Holland.
Du hast in den letzten Jahren auch viel Zeit in Istanbul verbracht. Für mich verkörpert Istanbul eine Form von Dualismus. Beim Song "Fener" (Anm.: Ein Stadtteil Istanbuls) ist mir aufgefallen, dass der Rhythmus ziemlich genau in der Mitte bricht…
Stimmt. Ich muss dazu sagen, meine Freundin ist Türkin. Sie wuchs in Istanbul auf. Ich war die letzten vier Jahre oft dort. Jeden Sommer. So bin ich immer mehr in die Stadt reingewachsen. Anfangs verbrachte ich die meiste Zeit in Güngören und Beyoğlu – Auf der europäischen Seite also. Irgendwann hab ich dann angefangen die asiatische Seite kennen zu lernen.
Wir blieben einige Zeit in Fener, direkt auf dem Wasser, also auf dem Marmarameer. Wir schwammen dort viel mit den Locals und hatten eine gute Zeit. Dort herrschte immer eine umnachtende Friedlichkeit, die sich dann irgendwann auf mich übertrug. Fener ist also meine Erfahrung, als ich das erste mal von der europäischen Seite hinüber auf die asiatische fuhr – Der Song somit eine Liebeserklärung an den Stadtteil.
Es ist ja so was wie eine Beirut-Tradition, dass es geografische Referenzen gibt. Diesmal sind das Orte wie "Gibraltar", "Fener" oder "Perth". Wenn du solche Songs spielst, wirst du dann wieder an diese Orte zurückversetzt?
Ja. Das kann ich nicht verhindern. Meine Gedanken neigen dazu überimaginativ zu sein. Ich bekomme Nostalgie selbst von Orten, an denen ich noch nie war. Und jene, die ich besucht habe, schwingen immer heftig in mir nach.
Ich hab mich gewundert ob du jemals die Geschichte von "Bartleby" gehört hast. Das ist eine Geschichte von Melville, der auch "Moby Dick" geschrieben hat. Der Protagonist darin weigert sich Dinge zu erledigen und tut das mit den Worten: „Ich möchte lieber nicht“ – Ein Mantra quasi. Ich hab mich nun gefragt, ob der Albumtitel, dieses „No No No“ so etwas wie ein Mantra für dich ist, du dich also immer wieder selbst daran erinnern musst, dass du nicht alles tun must, wenn du nicht unbedingt willst.
(Längere Pause). Ok. Ich sag’s dir. Du bist die erste Person, die das durchschaut hat und ja (lacht) – Es ist so eine Art Mantra für mich. Es ist eine Art witziges Nein, Nein, Nein, bitte, zwingt mich nicht dazu.
Ok. Ich wollte dir die Frage eigentlich gar nicht stellen, weil ich anderswo gelesen hatte, dass sich das „No No No“ irgendwie auf das Artwork bezieht.
Ja. Die Leute fragen mich gelegentlich was der Titel bedeuten soll und ich gebe dann meistens eine abgedroschene Antwort. Aber ehrlichgesagt ist es ein witzig gemeintes Mantra.
Nächstes Jahr wird "Gulag Orkestar" zehn Jahre alt. Gibt es neben hartem Trinken bereits irgendwelche Pläne?
Nein. Nicht wirklich. Aber es geistert mir ständig im Kopf rum. Ich bin einfach äußerst verblüfft und erstaunt, dass die Leute immer noch das akzeptieren, was ich rausbringe. Vielleicht sollten wir wirklich etwas Besonderes machen dann nächstes Jahr.
"No No No" erscheint am 11. September via 4AD / Beggars