Zerfranst. Oder: vom geplanten Zufall

Auch auf ihrem zweiten Album zieht sich Eloui nicht vom Schlachtfeld des experimentellen Pop zurück. Selbst wenn sie die Schwerter ein bisschen hat abschleifen lassen.

Aus rechtlichen Gründen werden Artikel aus unserem Archiv zum Teil ohne Bilder angezeigt.

Es rasselt und prasselt, es zischt, poltert und seufzt. Dass man da anhand des Abstraktionsgrades schnell an Kunst und Malerei denken mag, kommt auch nicht von irgendwoher. Eloui ist eigentlich von der Malerei hinein in ihre selbst erbauten Klang-Schlösser gezogen. An der Wiener Akademie studiert, hat sie die Stifte, Pinsel und MS Paint gegen Bass, Ukulele, Klanghölzer und sonstige, eher untypische Instrumente getauscht. Franziska Abgottspon, so der bürgerliche Name, zauberte mit ihrem Debüt 2011 schon ein zwar nicht einfaches, aber unumstritten starkes Album hervor. Sie jammt zu Postrock von Thalija, spielt charmante Singer-Songwritersongs mit Ernesty International und kreischt auch gerne einmal bei Gudrun von Laxenburg ins Mikro. Solo bleibt sie aber frei und unbändig, klar, direkt, verkopft, aber feinsinnig. Das Eloui’sche Melodienspektrum zeichnet zwar nicht mit Kate Bushs Initialen, die Stimme tut es dann aber doch hie und da. Auch opulente Bläsersätze und Streicher-Arrangements sind diesmal dabei, wirken abrundend, harmonisierend. Das ist es wohl auch, was der sonst doch teils schrullig-zuckenden Musik die Erdung gibt. Das Gespür für sympathisches Understatement, wenn erforderlich, und für noisiges Rauschen, wenn gewollt.

»Tangles And Loose Ends« heißt nicht nur das zweite Album, sondern auch die letzte Zeile des letzten Songs. Es kokettiert mit den unvollendeten Aufgaben und hinausgeschobenen Verpflichtungen, die Eloui als eigenständige Kunstform und Methode betrachtet. Der Zufall ist in ihrer Musik – an der Schnittstelle zu Neuer Musik – von großer Wichtigkeit. Auch, wenn sie ihn zu regeln versucht, geht er gerade mit dem experimentellen Touch des ganzen Albums d’accord.

Auch wenn dieses zweite Album von Eloui deutlich feiner und abgerundeter in Richtung Singer-Songwriter-Ecke abzielt, behält sie sich ihre eigene ungestüme Verworrenheit vor. Abstraktion und Experiment bleiben also die Strippenzieher, egal ob mit Bläser- oder Streichorchester. So schließt an Dancefloor-Attitüde (»Ego Super Nova«) ein bisschen Kraut-Gewerkel (»Temporary Static Noise«) und wird damit nur den Hörer verstören, der auf ein angenehmes Gesamtpaket wartet. Darum geht es hier aber nicht. Auch wenn die sanfte, beinahe einlullende Stimme Elouis gekonnt in die falsche Ecke locken will. Fast wie Schneewittchens böse Stiefmutter mit dem roten Apfel. Nur, dass dieser köstlich – und sicher nicht vergiftet ist.

»Tangles And Loose Ends« von Eloui erscheint am 18. Dezember via EMG.

Bild(er) © Sarah Haas und Andreas Jakwerth
Newsletter abonnieren

Abonniere unseren Newsletter und erhalte alle zwei Wochen eine Zusammenfassung der neuesten Artikel, Ankündigungen, Gewinnspiele und vieles mehr ...