Alt-J sind ziemlich weit herum gekommen auf ihrer letzten Tour. Der weiteste Weg war aber sicher der aus dem College-Studio auf die großen Festivalbühnen dieser Welt. Wie sich die Buben aus Leeds da mittlerweile schlagen, konnte man beim Frequency sehen.
Stichwort "größte Indieband der Welt" – zur Zeit sind Alt-J, die mittlerweile vor Menschenmassen spielen, im Rennen um diesen Titel. Gleichzeitig sind sie aber irgendwie immer noch Nerds in der Szene. Als das Debütalbum, "An Awesome Wave", 2012 veröffentlicht wurde, die ersten Liveshows stattfanden, hörte man immer wieder: "He, das ist ja gar keine gute Liveband. Das sind Tüftler, die ins Studio gehören." Den bombastischen Sound des Albums gäbe es nur durch stundenlanges Perfektionieren, nicht aber auf Knopfdruck on stage.
Mittlerweile sind Alt-J routiniert auf der Bühne – auch das virale Youtube-Video, wie man einen Alt-J Song schreibt, wird daran nichts mehr ändern. Sie sind eingespielt. Glücklich im Rampenlicht wirken sie aber nicht. Eine Band voller Wiedersprüche, also.
Geld machen
Als Band richtig Geld zu machen, funktioniert aber nur mit Live-Auftritten. Auch als großer Fan wird einem schmerzhaft klar, dass auch Alt-J die Sache nicht nur machen, um ihrer Kunst Ausdruck zu verleihen.
Wir haben Alt-J kurz vor ihrem Auftritt am FM4-Frequency Festival getroffen. Es ist das dritte Interview an diesem Tag, obwohl sie erst seit einer guten halben Stunde im Backstagebereich sitzen. Freundlich und gelassen, aber etwas gedankenverloren wirken Gus Unger-Hamilton, Joe Newman und Thom Green.
No offense, aber ihr wirkt erschöpft. Die Tour, um euer zweites Album "This Is All Yours" zu promoten, dauert jetzt schon ziemlich lange an, richtig?
Gus: Schon. Wir kommen gerade aus dem Libanon. Heute morgen sind wir in Österreich angekommen, bzw. besser gesagt, erst vor ein paar Stunden.
Paul: Ja, mittlerweile touren wir schon seit einigen Monaten. Mittlerweile ist es natürlich schon anstrengender für uns als zu Beginn der Tour in England.
Habt ihr euch, als ihr die Band gegründet habt, je solche Erfolge ausgemalt?
Paul: Nein, so weit hätten wir nie gedacht. Ich weiß gar nicht, ob man sagen sollte, zu träumen gewagt. Ich sehe das ein bisschen anders. Man spielt nicht in einer Band, oder nicht nur, um sich größtmögliche Erfolge auszumalen – oder sich vorzustellen, man bespielt einmal die größten Hallen der Welt. Für mich ist immer die Musik, und das im engsten Sinne, sind die einzelnen Songs, im Vordergrund gestanden. Und die Chemie, die zwischen uns Bandmitgliedern besteht. Die entsteht, wenn wir gemeinsam Musik machen, wenn wir im Proberaum ausprobieren, spielen, üben.
Ihr seid als Soundtüftler bekannt. Ich habe gelesen, dass ihr den Song "Every Other Freckle" fünf Jahre lang immer wieder neu überarbeitet habt, bis er schließlich als Single veröffentlicht wurde. Wie zufrieden seid ihr, in Zusammenhang mit der Möglichkeit, im Studio ewig zu basteln, mit euren Live-Auftritten? Bzw. den Möglichkeiten, die diese bieten?
Gus: Wir sehen uns schon mehr als Studio- denn als Liveband, das stimmt. Auch die Geschichte mit dem Tüfteln kommt der Wahrheit schon sehr nahe. Wir stehen nicht unter Zeitdruck, Neues zu veröffentlichen, bzw. nehmen wir uns die Freiheit dazu, uns diesem nicht auszusetzen. Ich würde nicht sagen, dass wir uns als eine der besten Livebands ansehen, das auf keinen Fall. Trotzdem sind wir mittlerweile stolz auf unsere Liveauftritte. Eben weil die Produktions- und Überarbeitungszeit der beiden Alben so viel Zeit und Aufwand in Anspruch genommen hat, ist es schwer, seine Vorstellungen auch live dementsprechend umzusetzen. Besser kann man es wohl immer machen – aber ja, doch, stolz ist das richtige Wort mittlerweile.
Joe: Es kann schon sein, dass man hier auch merkt, dass wir die Studioaufnahmen, bzw. das Schreiben, das Proben, den Liveauftritten vorziehen. Nicht, weil wir nicht gerne live spielen. Aber das ist einfach die Idee hinter unserer Band, gemeinsam Musik zu machen, neue Musik zu machen, uns weiterzuentwickeln.
Gus: Es ist schwer, das, was man monatelang für ein Album ausproduziert, in einem 90-Minuten-Set dann live zu transportieren. Das wäre fast schon irgendwie ungerecht. Deshalb sehe ich das Album, bzw. beide Alben als unsere größten Leistungen.
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