In seinem Debütroman „Kein böses Kind“ führt Fabian Oppolzer seine Protagonisten und ihre zwischenmenschlichen Verwirrungen so lange näher, bis sie schließlich daran zerbrechen. Im Gespräch erzählt er vom langen Weg zum ersten Buch und über das Wiederentdecken verloren geglaubter Ideen.
Schon am Beginn des Buches breitet sich der Tod aus. Wie ein dunkles Tuch legt er sich über die Rückkehrer einer Klassenfahrt nach Griechenland. Vieles scheint im Debütroman des in Wien wohnhaften Autors nicht abwendbar zu sein. So geht es auch seinen Figuren, die oft wie Getriebene wirken. Gefangen in gesellschaftlichen Rollen und nicht immer Herr über ihre Entscheidungen, können sie den Lauf der Zeit nicht beeinflussen. Sie sehen sich herrschenden Ereignissen praktisch ohnmächtig gegenüber und wissen dennoch ob der Konsequenzen ihres Handelns.
In Oppolzers herber, oft auch perversen und direkten Schreibweise finden sich aber auch ermutigende Augenblicke. Es sind Geschichten von der ersten Liebe, vom Zurechtfinden in der Pubertät, vom Überschwang und von der Verzweiflung, die den Leser in ihrer Schönheit überraschen. Indem er seine Charaktere durch unterschiedliche Zeitebenen zusammen- und wieder auseinanderbringt, schafft der Autor nicht nur einen faszinierenden Strudel voller Erzählinseln, sondern zugleich auch mystische Orte des Rückzugs und zarter Verträumtheit.
Kannst du etwas zur Entstehungsgeschichte deines Romans erzählen?
Zeitlich ist das schwer einzuschränken. Bis der Roman da ist, dauert es oft Jahre. "Kein böses Kind" wurde ansatzweise durch die Geschichte von David und Bathseba aus dem alten Testament inspiriert. Darin beobachtet König David auf den Dächern von Jerusalem Bathseba und verliebt sich in sie. Um sie ganz für sich zu haben, schickt David den Mann von Bathseba in den Tod. Mich hat diese Geschichte seit jeher fasziniert, auch weil sich der verantwortliche Charakter vollends in die Schuld begibt. Ich fand es interessant diese Thematik in die heutige Zeit zu übertragen und ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen König und Untertan mit dem Umfeld der Schule zu verknüpfen.
Ich habe dann ein Exposé geschrieben, es aber bald in die Schublade gelegt. Irgendwann kehrte ich zurück zur Geschichte, diesmal mit der Idee einen Krimi aus unterschiedlichen Zeitebenen zu schreiben. Darüber hinaus hatte ich lange Zeit zwei Bilder in meinem Kopf. Zum einen ein italienischer Hafen unter einem gewittrigen Himmel. Da war eine Schulklasse in dem Bild und damit verbunden die Vorstellung, dass sich zwei Freunde von der Gruppe absondern und gemeinsam einen intensiven Moment erleben. Das andere Bild zeigte ein Kind, das das Bett seiner Eltern nachts anzündet. Dabei ging es mir darum kein böses Kind zu zeigen, sondern vielmehr ein neugieriges Kind.
Worum geht es dir in erster Linie beim Schreiben?
Mir geht es beim Schreiben vor allem um das Vermitteln von Eindrücken. Es sind weniger Ideen, als eindrückliche Bilder und Gefühle, die ich versuche auszudrücken. Ich möchte Eindrücke aufschlüsseln, auch mit der Neugier herauszufinden, wohin man damit kommt. Zumeist kann man sich diesen Gefühlen nur annähern und sie entwickeln sich zwangsläufig anders.
Wann entwickelt sich bei dir eine Idee zu etwas Größerem?
Die ersten 50-60, manchmal auch 100 Seiten gehen mir leicht von der Hand. Ideen sind dem verliebt sein nicht unähnlich, obwohl es sich um ein gänzlich anderes Gefühl handelt. Wer sich verliebt, kann sich in diesen Momenten auch nicht vorstellen, das nicht zu sein. Dieser Zustand kann aber auch schnell Ernüchterung weichen.
Ähnlich ist es mit Ideen. Es fühlt sich an, als würde man sich verlieben, und so fühlt man sich vor allem zu Beginn enthusiastisch. Das geht soweit, dass neue Ideen geradezu heimlich aufgeschrieben werden. Blind vor Euphorie glaubt man, andere werden nicht anders können, als dir diesen Einfall wegstehlen zu wollen. Beginnt man mit dem Schreiben, zeigt die Idee dann schnell, ob sie etwas taugt. Ich habe viele Sachen angefangen und wieder weggelegt. Hier war das auch so, man schreibt ein Exposé und verwirft es beinahe. Jahre später kommt eine andere Idee und macht das Ursprüngliche wieder verwertbar. Es ist nie umsonst, aber natürlich sehr oft für die Schublade.
Hast du Ratschläge für junge Autoren?
Es geht darum nicht aufzugeben und sich nicht von Absagen abschrecken zu lassen. Es gibt immer Leute, die einem sagen, man schafft das nicht und dein Manuskript wird nicht gelesen. Natürlich wird das gerade in großen Verlagen oft so gehandhabt, und es ist alles andere als leicht. Ich denke aber, wenn jemand wirklich schreiben will und diesen Weg ernsthaft verfolgt, dann schafft er es auch seine Sachen zu veröffentlichen. Davon bin ich zutiefst überzeugt. Es ist wie so vieles nur eine Frage der Zeit. Hartnäckigkeit zählt sich in allen Lebensphasen aus und wird belohnt.
„Kein böses Kind“ ist soeben im Luftschacht Verlag erschienen. Am 22. März liest Fabian Oppolzer im Rahmen der Wortspiele IX im Porgy and Bess aus seinem aktuellen Roman.