20 Menschen der heimischen Kulturszene über definierende Momente – Teil 1

20 große Kulturensöhne und -töchter aus dem The-Gap-Umfeld erzählen von einschneidenden Erlebnissen und persönlichen Schlüsselmomenten ihrer Vergangenheit – und Zukunft. Teil 1.

Vergangenheit | Start-up-Szene

Markus Wagner: Gründen aus der Studentenwohnung

Markus Wagner, Gründer und Investor

Als ich von Wien nach Salzburg gegangen bin, um dort Telekommunikation zu studieren, war das Internet so neu, dass es österreichweit nur dort einen internetlastigen Studiengang gab. Der Nachteil in Salzburg war: Da ist echt wenig los. Der Vorteil in Salzburg war: Da ist echt wenig los. Während dem Studium ist dementsprechend viel weitergegangen, ich habe nebenbei bei Max Mobil, dem Vorgänger von T-Mobile, gearbeitet und hatte dort einen wirklich spannenden Job. Es war gerade die Zeit, als die mobilen Datendienste begonnen haben und als Internet am Handy, WAP und SMS-Services aufkamen. Ich war in der Unit, die sich über die Einführung von neuen Produkten Gedanken gemacht hat. Obwohl mir der Job gut gefiel, wollte ich mich mit meiner eigenen Idee selbstständig machen – viel zu verlieren hatte ich damals noch nicht. Die Idee war, ein System zu bauen, dass es Firmen ermöglicht, Services aufzubauen, die in allen Mobilfunknetzen funktionieren. Ein Beispiel dafür wäre das FM4-Trackservice, bei dem man ein Fragezeichen an FM4 schickt und dann per SMS als Antwort den betreffenden Song bekommt.

Nachdem eine Firmengründung alleine schwierig ist, habe ich aus meinem Bekanntenkreis die Leute gefragt, denen ich am meisten in unterschiedlichen Bereichen zugetraut habe. Das waren zum einen Studienkollegen von mir, zum anderen ein Freund, der in London als Investmentbanker gearbeitet hat. Ich war damals Anfang 20 und wenn man eine GmbH gründet, braucht man 35.000 Euro, das heißt, es fehlte auch das Geld zur Gründung, das dieser Freund beigesteuert hat. So haben wir dann aus der Studentenwohnung zu arbeiten begonnen – das war unser Salzburger Office. Später kam ein Office in Wien dazu, das zuerst in meinem Elternhaus war – solange, bis wir sowohl in Wien als auch in Salzburg ein kleines Büro gefunden haben. Wir waren die einzigen aus der gesamten FH, die zu dieser Zeit gegründet haben und es entsprach definitiv nicht dem, was man heute als Start-up bezeichnet – es war einfach eine Firmengründung. Auf die Idee zu kommen, dass man Geld raist, war vollkommen illusorisch, es gab auch keine Business Angels und auch sowas wie andere, vergleichbare Gründer nicht. Es ist uns dann aber relativ bald gelungen, Mobilfunkbetreiber als erste Kunden zu gewinnen. Dennoch haben wir uns jahrelang kein Geld ausgezahlt, weil keines da war. Wir haben die Umsätze, die wir hatten, an die Mitarbeiter ausgezahlt. Es gab damals keine Start-up-Kultur, es gab kein Pitch-Training, es gab keine Community – faktisch war es ein extrem intensives Arbeiten, kein Geld ausgeben und schauen, dass man mehr verdient.

2006 ist die Firma dann an die amerikanische Verisign verkauft worden und viele vom ehemaligen Team sind in die USA gezogen und investieren seitdem Geld und Know-how in andere Firmen. Aus dem ursprünglichen FM4-Trackservice wurde etwa ein American Idol-Voting oder das Webster-Musikservice, aus den fünf Mitarbeitern wurden 130 und von dem einen Bundesland aus wurden wir schlussendlich in 13 Ländern aktiv und Marktführer. Nach dem Verkauf kam dann der Gedanke: Was wissen wir jetzt, was wir damals gern gewusst hätten? In den USA war das Start-up-Ecosystem viel stärker entwickelt und wir wollten etwas davon in Österreich aufbauen, um anderen Gründern das Leben zu erleichtern. Wir waren damals nicht dumm, aber wir hatten sicher auch ganz viel Glück und es gab viele Momente, in denen wir an einer existentiellen Situation vorbeigeschrammt sind. Aus dem entstanden dann die Initiativen, wie der Inkubator i5invest, der junge Gründer unterstützt oder aber die Start-up-Week, aus der schließlich das Pioneers-Festival wurde.

Markus Wagner, Gründer des Internet Accelerators i5invest, verbringt einen Großteil seiner Zeit im Silicon Valley in Palo Alto und arbeitet mit Europäischen High-Tech-Firmen zusammen, um diese beim US Markteintritt zu unterstützen. Er investiert in Start-ups, unterstützt beim Fundraising und bahnt Unternehmensübernahmen an. Dokumentation: Yasmin Vihaus

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