12 Filme, die du beim Crossing Europe nicht verpassen solltest

Auch in diesem Jahr macht das »Crossing Europe« eine Bestandsaufnahme, wie es um Europa steht und was zeitgenössisches europäisches AutorInnenkino zu bieten hat. Aus dem umfangreichen Programm haben wir euch zwölf sehenswerte Filmtipps zusammengestellt.

Feminismus

Das Crossing Europe hat mit Christine Dollhofer eine Festivalleiterin und Begründerin, die seit den Anfangstagen auch dem weiblichen Kino einen Platz einräumt. Geschlechter-Diskriminierung hat mittlerweile mit #MeToo und der »Time’s Up«-Bewegung eine gesamtgesellschaftliche Diskussion eröffnet und auch der europäische Film setzt sich kritisch mit dieser Thematik auseinander. Einen Beitrag dazu liefert zum Beispiel die in Wien lebende Künstlerin Fiona Rukschcio. In Collagen, Kunstobjekten und Filmen beschäftigt sie sich unter anderem mit weiblichen Rollenzuweisungen und Identitätskonstruktionen.

 

< Common.Places 2 >, Fiona Rukschcio

Bereits 1999 thematisierte sie in < Common.Places 1 > alltäglichen Sexismus an alltäglichen Orten, indem sie 27 Frauen zu Wort kommen und über Belästigungssituationen berichten ließ. Ihre neueste Arbeit < Common.Places 2 > feiert nun beim Crossing Europe Weltpremiere, knüpft formell an den Vorgänger an und erzählt 20 Jahre später erneut eine »Oral History«. Die im Alltag verorteten sexistischen Übergriffe, von denen verschiedene Personen in Rukschcios neuestem Werk erzählen, sind nun auch auf den virtuellen Raum ausgeweitet.

 

»Team Hurricane« von Annika Berg erzählt die Geschichte von sieben jungen Frauen, die im lokalen Jugendzentrum ihren Zufluchtsort gefunden haben. Dort grenzen sie sich bewusst von der Außenwelt und deren gesellschaftlichen Konventionen ab, mit denen die Teenagerinnen nicht viel anfangen können. Zwischen Anorexie, Selbstzweifeln, Teddybären und Girl-Power, wird pseudodokumentarisch in bunten Bildern der Alltag der Protagonistinnen erzählt. Im Fokus stehen dabei ihre Probleme und nicht zuletzt auch ihr Engagement in der Lokalpolitik zur Rettung des eigenen Rückzugsorts.

Junges Europa

Das Auslandsstudienprogramm Erasmus bildet den Ausgangspunkt des Films »Júlia ist« von Elena Martín. Die titelgebende Protagonistin entscheidet sich, ihr Architekturstudium ein Jahr lang in Berlin zu verfolgen. In Barcelona noch als Paradies ausgemalt, erwartet sie ihre neues Zuhause-auf-Zeit mit winterlich grauer Einsamkeit. Júlia ist, ist eine Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Frau, über die Liebe, das Leben und den Versuch, einen Platz auf der Welt für sich zu finden.

Der Dokumentarfilm »Nothing Like Before« (OT: Nic Jako Dřív) von Lukáš Kokeš und Klára Tasovská begleitet vier junge Menschen aus einer tschechischen Kleinstadt, die an der Schwelle zum Erwachsensein stehen. Ihre Probleme reichen vom Versuch, Weichen für das weitere Leben zu stellen, bis zum Kinderkriegen und zur Familiengründung. Erzählt wird von einem Reifeprozess, der nicht immer linear verläuft, denn letztlich geht es hier um Jugendliche, die schneller erwachsen werden müssen, als sie es wollen.

Der Film »Silvana« von Mika Gustafson, Olivia Kastebring und Christina Tsiobanelis porträtiert die schwedische Rapperin Silvia Imam. Als Tochter eines Syrers und einer Litauerin ist sie Symbolfigur für Minderheiten geworden und setzt sich kritisch mit ihrem Heimatland auseinander. Der Film begleitet ihren politischen Aktivismus gegen Rechts, aber auch ihr Privatleben und ihre Beziehung mit der lesbischen Popsängerin Beatrice Eli.

Politik

Das Crossing Europe stellt jedes Jahr auch die Frage, wie es um Europa bestellt ist. Ein zunehmender Nationalismus ist mittlerweile in vielen Ländern spürbar und hat als Thema mittlerweile auch Einzug in die Kinosäle erhalten.

Dem EU-Mitgliedschaftsreferendum des Vereinigten Königreichs aus dem Jahr 2016 nähert sich zum Beispiel der Film »Brexitannia« von Timothy George Kelly an. Hier kommen Britinnen und Briten aus verschiedenen Teilen des Landes zu Wort, um die politische Situation zu kommentieren. Gegen Ende des Films analysieren auch WissenschaftlerInnen die Situation, unter anderem Linguist Noam Chomsky und Soziologin Saskia Sasse.

Die Beweggründe, sich nationalistischen Bewegungen anzuschließen, versucht auch Sabine Michel zu verstehen. In ihrer Dokumentation »Montags in Dresden« begleitete die Filmemacherin drei Jahre lang SympathisantInnen der Pegida-Demonstrationen. Darunter auch René Jahn, der zum Organisationsteam der Protestbewegung gehört hat, was diesen Film nicht zuletzt auch zu einem spannenden zeitgeschichtlichen Dokument macht.

Neoliberalismus

Lucica und ihre Kinder, Bettina Braun

Romni Lucica lebt mit ihren sechs Kindern in Dortmund auf engem Wohnraum. In »Lucica und ihre Kinder« begleitet Bettina Braun die Migrantenfamilie über ein Jahr lang und gibt Menschen in prekären Situationen damit ein Gesicht. Im Film geht es aber auch um den Kampf einer Mutter, die sich für ihre Kinder einen Schulabschluss und eine bessere Zukunft wünscht.

Unter Armut haben auch Marek und seine Mutter in »Once Upon a Time in November« (OT: Pewnego razu w listopadzie…) von Andrzej Jakimowski zu leiden. Der Spielfilm macht unter anderem die Ineffizienz und Durchlässigkeit des polnischen Sozialsystems sichtbar, einem System, in der der sogenannte Mittelstand nur ein paar Gehaltsschecks von der Obdachlosigkeit entfernt ist.

Darum, wie sich die Arbeit auf die Freizeit auswirken kann, geht es in »Dreaming Under Capitalism« (OT: Rêver sous le Capitalisme) von Sophie Bruneau. Zwölf Personen erzählen davon, wie sie ihren Arbeitsalltag mit in ihre nächtlichen Träume nehmen. Der Film läuft in der Sektion »Arbeitswelten«, die Arbeitsrealitäten in Zeiten von Wirtschaftskrise und Globalisierung macht. Dabei es nicht unbedingt sich an strukturellen Fragen abzuarbeiten, sondern die Erlebnisse einzelner Menschen in den Vordergrund zu rücken.

Flucht

Im Zuge der aktuellen Fluchtbewegungen entstand nahe der Stadt Calais eine Zeltstadt, die auch als »Dschungel« bezeichnet wurde. Hier warteten zeitweise bis zu 9.000 Menschen auf die Weiterreise durch den Eurotunnel nach Großbritannien. »Kalès« von Laurent Van Lancker bietet die Möglichkeit, einen Einblick in das Zusammenleben innerhalb Flüchtlingscamps zu bekommen. ProtagonistInnen steuern hier sowohl Voice-Over bei, außerdem übernehmen sie zum Teil die Kameraführung und erzeugen dabei ein Zeugnis davon, wie Überlebensstrategien und alltägliches Sozialleben im Lager ausgesehen haben.

Vom Balanceakt einer jungen Frau, die in einem liberalen Norwegen aufwächst und sich gleichzeitig den Wertevorstellungen ihrer konservativen migrantischen Familie anzupassen hat, erzählt »Was werden die Leute sagen« (OT: Hva vil folk si) von Iram Haq. Die 16-jährige Nisha wird von ihrem Vater beim Schmusen mit ihrem norwegischen Freund erwischt und wird zu ihrer Verwandtschaft nach Pakistan gezwungen. Das Filmdrama schildert, wie Nisha ihre Herkunftskultur kennenlernt, während sie auf der Suche nach der eigenen Identität ist.

Das »Crossing Europe« Filmfestival findet vom 25. – 30. April in Linz statt. Nähere Infos zum Programm und dem Festival selbst erhaltet ihr hier.

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