Auf internationalen Musikblogs ist Mavi Phoenix mit ihren Songs »Quiet« und »Love Longtime« längst bekannt und auch in Österreich wird sie immer mehr als nächste große Hoffnungsträgerin gehandelt. Wir haben mit ihr über ihre Anfänge in Linz und ihre neue, gleich zweimal produzierte EP gesprochen.
Macbook als Roots
Angefangen hat alles mit einem geschichtsträchtigen Macbook, das sie bis heute aufbewahrt hat und das zumindest mit angestecktem Ladekabel noch funktioniert. Ein Geschenk ihres Vaters, mit dem die damals Elfjährige das Musikprogramm Garage Band ausprobierte. Mavi brachte sich damit selbst bei, ihre eigenen Songs zu produzieren und dabei blieb es auch lange. Ihre erste EP hat sie beinahe in Eigenregie zusammengestellt. Simon Herzog, der unter anderem Songs von Left Boy produzierte und ihr auch heute noch Feedback auf neues Material gibt, stand ihr als Executive Producer unterstützend zur Seite.
Einige Youtube-Videos ihrer Anfangswerke sind mittlerweile nur mehr privat sichtbar. Manche Zeilen daraus, würde man sie auf Deutsch übersetzen, wären fast schon Schlager gewesen, sagt sie heute über ihre alten Stücke. Thematisch kreisten diese schon damals um ihr Lieblingsmotiv, welches sie als »Ich gegen die ganze Welt« bezeichnen würde. »Keine Ahnung, woher das kommt«, überlegt Mavi, hält inne, schaut kurz aus dem Fenster und fährt dann fort: »Vielleicht liegt es daran, dass man natürlich nicht unbedingt Zuspruch findet, wenn man in der Unterstufe ankündigt, ein Star werden zu wollen.« Es den Leuten zu zeigen, die sie nicht ernst nehmen, sei ihr schon immer wichtig gewesen – gerade als Frau im Rap sei dieses Thema allgegenwärtig.
Vorbilder für Mavi Phoenix waren vor allem Stars from abroad. Zum Beispiel Tyler The Creator. Er habe als kompromissloser Soloartist gezeigt, dass man auch ohne jegliche Lobby einen MTV Award kriegen könne. Das habe ihr imponiert. Lady Gaga bewundert sie für ihre Stärke, auch wenn sie »The Fame Monster« jetzt nicht mehr so feiern kann.
»Wenn ich alte Sachen von mir anschaue, sehe ich einfach, wie ich damals noch jemand anderes sein wollte. Ich habe mich noch nicht getraut, das zu machen, was ich wirklich machen wollte.« Früher habe sie einfach schnell einen Track ins Internet gestellt und gedacht, dass das der geilste Scheiß sei. Heute dauert die Arbeit an einem Song schon mal drei Monate. »Ich glaube, der Schlüssel zum Erfolg ist, dass man, so gut es geht, man selbst bleibt. Ich seh’s bei mir: Je mehr ich ich selbst bin, umso besser läuft’s.«
Doppelt produzieren hält besser
Beim Songwriting kommt für Mavi zuerst immer der Beat und dann die Mood, also die Stimmung, die dieser bei ihr auslöst. Aus dieser Kombination heraus ergeben sich die Texte. So wie bei »Quiet« – für Mavi der politischste Song, den sie bis dato geschrieben hat. Die Zeile »Make the world go quiet« richtet sich gegen die Lautstärke unserer Zeit, die für sie nach Trump und Co. Einzug hielt.
Auch die Entstehungsgeschichte der neuen EP »Young Prophet« erzählt viel über Marlenes Werdegang zum Phoenix. Anfang 2016 war die EP bereits komplett fertig produziert, von den ursprünglichen sechs Tracks blieb jedoch nicht viel übrig. Die Auswahl habe einfach nicht mehr gepasst, drei komplett neue Songs mussten her – nur der gefühlt zwei Millionen Mal überarbeitete Track »Fly« durfte bleiben.
»Ich denke, jeder Song bereitet den Weg für den nächsten. Wir haben die EP ja schon fertig gehabt und es sind auch gute Songs drauf gewesen, aber bei manchen fehlten einfach diese letzten zwanzig Prozent.« Diese Tracks verworfen zu haben, sei aus heutiger Sicht ein wichtiger Zwischenschritt gewesen, der für Songs wie »Quiet« notwendig war. Die neue EP, so wie sie jetzt ist, repräsentiere jedenfalls hundert Prozent sie selbst. »Deswegen bin ich dankbar dafür, dass ich damals den Mumm gehabt habe, zu sagen: Wir fangen nochmal ganz von vorne an«, erklärt Mavi.
Es ist nicht zu übersehen, wie wichtig Mavi Phoenix Professionalität ist. Vor dem Interview an einem Samstagnachmittag hat die junge Künstlerin bereits an zwei neuen Songs gewerkelt – trotzdem denkt sie manchmal, dass sie vielleicht noch mehr machen müsste: »Es gibt noch viele Sachen, die ich verbessern kann. Ich bin wirklich bereit, alles zu geben.« Man glaubt es ihr sofort.
Mavis Co-Produzent Alex The Flipper ist gleichzeitig ihr bester Freund. »Ich bin schlecht darin, Freundschaften zu pflegen«, sagt sie offen, »Alex und ich haben das gleiche Ziel, das verbindet natürlich extrem. Wir waren jeden Tag gemeinsam im Studio und je persönlicher ich von mir erzählt habe, umso mehr hat er auch Dinge über mich verstanden.« Eine besondere Ebene, die man beim Produktionsprozess sonst kaum erreichen könne – diese Form der Zusammenarbeit habe Songs wie »Love Longtime« erst möglich gemacht, meint Mavi. Sie sei jeden Tag froh darüber, dass sie das Team in der jetzigen Form, so wie es seit einem halben Jahr besteht, um sich habe.
Mavi hat kein Problem damit, Dinge auszusprechen. Es scheint sogar so, als verstehe sie sich als eine Künstlerin, die wieder gerne persönlich werden möchte. Auch ganz konkrete Ziele für die Zukunft gibt sie ohne Weiteres preis. Eines davon ist zum Beispiel, den Grammy zu gewinnen. Während sie das sagt, lacht ihr der innere Young Prophet ein wenig aus den Augen. »Okay, den Grammy lassen wir mal beiseite.« Aber »ein geiles Album machen und auf Tour gehen«, das schwebt Mavi schon vor. Am besten eine Europatour, und eine Welttour eigentlich auch. Und ein MTV-Award, so wie Tyler ja einen hat, wäre wahrscheinlich auch nicht schlecht. Es ist seltsam, aber irgendwie möchte man ihr das sogar zutrauen. Es scheint alles wieder möglich. Alles ist Mavi.
Die EP »Young Prophet« erscheint am 31. März 2017. Mavi Phoenix wird als Support-Act die »Magic-Life«-Tour von Bilderbuch begleiten. Los geht’s am 26.3.2017 in Zürich. Am 16. Juni spielt sie zudem bei unserer 20-Jahresfeier im Fluc.