Aus der Krise streamen

Das Modell "Musikstreaming" steckt noch in den Kinderschuhen, hat aber schon einen beachtlichen Beitrag zur Verbesserung der gebeutelten Musikindustrie geleistet. Wir haben den Deezer Managing Director Milan Goltz gefragt was dran ist.

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Der Musikindustrie geht es schlecht, Filesharing hat sie verschlafen, Musikvideos im Netz auch, den Onlinehandel mit CDs ebenfalls, und auch den mit den passenden Geräten, digitale Wasserzeichen wollte niemand und jetzt zieht der nächste Rettungsanker schon fast wieder vorbei: Streaming.

Eine Tonne an Services kämpft um das, was irgendwann das Radio des 21. Jahrhunderts werden könnte, Musik ist dann immer verfügbar, auf Knopfdruck ein paar Millionen Aufnahmen. Mit manchen Services wird nun gestritten, andere geduldet und bei Spotify haben sich die Majorlabels gleich eingekauft. In einem kürzlich veröffentlichten Bericht des Verbandes der Österreichischen Musikwirtschaft heißt es, dass Streaming und Downloading ein Viertel der Gesamtumsätze am Österreichischen Markt ausmachen. International gesehen ist das eher niedlich: In Schweden spielt Streaming bereits 70 Prozent der Gesamtumsätze ein. Auf der anderen Seite protestieren Bands immer wieder gegen die fast lächerlichen Summen, die sie von ein paar hunderttausend Plays bekommen.

Wir haben den Deezer Managing Director Milan Goltz für Deutschland, Schweiz und Österreich per Mail getroffen.

Musikstreaming wird in Ländern wie Norwegen, Südkorea oder Indien schon als Rettung der Musikindustrie gesehen. Andere Länder hinken deutlich hinterher. Wo steht Musikstreaming Ende 2014?

Die einen bezeichnen Musikstreaming als Rettung, die anderen als Untergang der Musikindustrie. In erster Linie ist Musikstreaming aber eine Antwort auf das sich über Jahre verändernde Konsumverhalten der Menschen. Musikstreamingdienste wie Deezer sind für die Musikindustrie eine Gelegenheit, zusätzliche Umsätze zu generieren. Unter anderem auch Umsätze, die man jahrelang an die Musikpiraterie verloren geglaubt hatte. In Österreich wuchsen die Umsätze durch Musikstreaming im Vergleich zum ersten Halbjahr 2012 um 300 Prozent. Diese Zahl zeigt, wohin es gehen kann.

Zu den Künstlern: Atoms For Peace haben ihre Songs vor einigen Wochen sehr öffentlichkeitswirksam wieder von Musikstreamern entfernen lassen. Dürfen Künstler mit einem besseren Deal rechnen, so sich das Streaming-Modell durchsetzt und rentabler wird?

Ich habe diese Debatte natürlich aufmerksam verfolgt. Ich schätze „Atoms for Peace“ sehr und bin Fan ihrer Musik. Was ihre Position zu Musikstreaming angeht, muss ich allerdings widersprechen. Das Streaming-Modell steht noch in Kinderschuhen, doch schon jetzt hat es großen Anteil an der „Genesung“ der Musikindustrie. Musiker generieren heute vielschichtiger Umsätze als früher: Konzerteinnahmen, Merchandise, Marketing – die Zeiten, in denen Künstler vom klassischen CD-Verkauf lebten, sind vorbei. Durch Musikstreaming verdient ein Künstler nicht mehr nur einmalig, sondern lebenslang an einem Song. Wie viel davon ein Label an seinen Künstler tatsächlich ausschüttet, darauf hat Deezer keinen Einfluss.

Spotify schüttet nicht gleichmäßig an alle Musiker aus. Solche, deren Labels indirekt an Spotify beteiligt sind, wie der Merlin- oder der Major-Verband, bekommen mehr pro Stream. Gibt es etwas Ähnliches bei Deezer?

Vertragsinhalte diskutieren wir grundsätzlich nicht in der Öffentlichkeit. Wie Konkurrenten ihre Ausschüttungsmodelle gestalten, kann und möchte ich nicht kommentieren. Wir sind jederzeit bestrebt, Künstler gerecht zu entlohnen. Als Streamingdienst haben wir Verträge mit Labels, nicht mit den Künstlern direkt. Wie genau die jeweiligen Labels ihre Künstler jedoch an den ausgeschütteten Zahlungen beteiligen, liegt nicht in unserer Hand.

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