Bruno Zhu: Konsum in Beige – Stoff für eine neue Skin-Care-Routine

Die Ausstellung »Untitled (Molly House)« in der Wiener Galerie Exile verhandelt Zugän­ge dazu, wie Körper, Sex sowie Formen von Maskulinität und Femininität in queeren Communitys de-­ und rekonstruiert werden. Konsumidentitäten, wie die in Bruno Zhus Werk, lassen sich gerade im Zusammenhang mit Homophobie und Frauen*feindlichkeit nicht so leicht herauswaschen.

© Bruno Zhu, »Spoils«, 2017–2018. Courtesy of Kunsthalle Lissabon and the artist. Foto: Bruno Lopes

Es gibt ein Meme auf dem Instagram-Channel @hetero_cringe, das links eine angeschlagene Barbie-Puppe mit zerzausten Haaren und rechts eine Person mit konventionell »schönen« Locken zeigt. Darüber steht links: »my hair after a powerful curly hair mask«. Und rechts: »boys after they wash it with hand soap«. So grotesk es ist, ein Meme mit Wörtern nachzuerzählen, genauso grotesk ist es, Beauty Routines mit einem bestimmten Geschlecht gleichzusetzen. Aber dennoch schreibt die binäre Heteronormativität, in der wir aufwachsen, müheloses Schönheitsverhalten Männern zu und erwartet von Frauen konsumorientiertes, mehrdimensionales Streben nach einem makellosen Look. Zugleich werden alle, die sich jenem »weiblichen« Beauty-Bemühen zu sehr zuwenden, gesellschaftlich abgewertet. Femininität verliert also immer.

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Der portugiesische Künstler Bruno Zhu verfremdet in seiner Arbeit »Spoils« die Formate ikonischer Gebrauchsgüter in leinenähnlichem Stoff. Die Ästhetisierung dieser Produkte überzeichnet den Glam von Alltagsgebrauch: Alleine durch das Erahnen von Seifen, Lotionen und sogar Marmeladen wird beim Betrachten der Stücke ein gewisser Entspannungsmodus aktiviert. Konsum in Beige steht für Wellness – abhängig von kapitalistischen Identitäten, unabhängig von Geschlecht.

Julius Pristauz kuratiert die Ausstellung »Untitled (Molly House)«, die Zhus Arbeit in Wien zeigt. Aufgewachsen in Graz, ist Pristauz im Alter von 17 nach Wien gezogen und arbeitet seither sowohl in schaffender, als auch interpretativer Weise mit Kunst. Im Rahmen des Galerienfestivals Curated By wählt Julius Pristauz den Begriff des Molly House als initiative Inspiration für die Auswahl der Werke, die bei Exile gezeigt werden. Molly Houses waren historische Orte für die schwule Community, ein Safe Space im England des 18. und 19. Jahrhunderts. Als Molly wurden damals aber nicht nur homosexuelle Männer bezeichnet, sondern auch weibliche Prostituierte. Pristauz interessiere hier besonders, wie sich in den Molly Houses damals sowie auch in heutiger Drag Culture das Imitieren und Rekonstruieren von femininen Identitäten auf eine bestimmte, hypersexualisierte Spielart von Weiblichkeit bezieht. Man wisse heute, dass die Männer der Molly Houses von damals durchaus gerne mit der Rolle der Prostituierten spielten. Dabei wird deutlich, dass Homophobie und Frauenfeindlichkeit gesellschaftlich eine breite Überschneidungskraft besitzen, aber auch queere Communitys nicht unbedingt gegen Nuancen internalisierter Misogynie immun sind. Queere, femme-inclusive Spaces und Communitys schaffen hier auch in der zeitgenössischen Kunst eine Awareness und leisten wichtige Arbeit, Bilder von Femininität zu diversifizieren.

Die Ausstellung »Untitled (Molly House)« ist von 5. September bis 10. Oktober in der Galerie Exile im ersten Wiener Gemeindebezirk zu sehen. Die Arbeiten werden im Rahmen des Galerienfestivals Curated By gezeigt, an dem 24 Spaces in ganz Wien beteiligt sind.

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