Stefanie Sargnagel (Autorin), Bettina Kiraly (Self Publisherin), Stefan Redelsteiner und Ilias Dahimène (Redelsteiner Dahimène Edition rde) diskutierten über Sinn und Unsinn von Verlagen und Self Publishing.
Stefanie, hast du Zahlen? Dein Buch ist bereits in der zweiten Auflage erhältlich…
Stefanie: Wir sind jetzt in der zweiten Auflage mit noch mal 1000 Stück…
Binge Living hat eine Fortsetzung: das im Verlag mikrotext nur als E-Book erschienene „In der Zukunft sind wir alle tot“ um bloß zwei Euro. Hast du da Zahlen?
Stefanie: Na ja, 10 Bücher werden’s gewesen sein. Das dient mir mehr der Vernetzung mit der E-Books-Szene.
Könnt’s ihr was sagen zu Zahlen?
Stefan: Eigentlich nicht…Es gibt Bücher bei uns, die wie Bomben in den Keller knallen und die sich wenig verkaufen. Die Steffi ist das extreme Gegenteil, sie ist unser größter Erfolg. Wir haben sechs Bücher bis jetzt. Sie ist klar über den Break Even, dann gibt es eines, das knapp drüber ist, bei den anderen schauen wir noch.
Aber das ist ja auch klar: Der Verlag nimmt anfangs Geld in die Hand, wenn er an ein Buch glaubt. Das seh‘ ich als Gefahr am Self Publishing: Es gibt eine Million Menschen, die in kurzer Zeit eine Million Bücher auf den Markt werfen, davon werden 999.920 wahrscheinlich nie gelesen, 70 einmal und 10 werden halt 1000-mal am Tag gekauft… aber das is ja nix… ein Verlag trifft eine Auslese, schaut sich an, was funktionieren könnte… für die Auslese ist das Feuilleton, sind Journalisten wichtig… mit einem von sechs, das dann wirklich einschlägt, ist die Trefferquote eh gering.
Aber für den Autor eines Verlages ist die Chance größer, mit seinem Buch Erfolg zu haben… weil man dann nicht irgendwer ist, der irgendwas geschrieben und online gestellt hat. Wobei natürlich auch im Self Publishing-Bereich Ausnahmen existieren, keine Frage.
Ilias: Kleine Verlage haben die Stärke, eine Nische besetzen zu können und einen Interessentenkreis aufzubauen und dadurch für einen Künstler als Sprungbrett fungieren zu können. Kleine Verlage arbeiten meist sehr professionell und momentan wächst die Szene sehr stark.
Ich glaube, dass Self Publishing ein Beitrag zur Demokratisierung des Buchmarktes ist, weil jetzt viel mehr Menschen als früher an etwas teilnehmen können, was ihnen früher verschlossen blieb…
Stefan: Darauf gibt es ja kein Grundrecht! Wer braucht einen demokratisierten Buchmarkt? Von dieser einen Million Bücher wurden 1000 gelesen, ok, vielleicht 10.000. aber 990.000 nicht. Außer der Selbstverwirklichung des jeweiligen Autors hat das Produzieren dieser vielen ungelesenen Bücher überhaupt keinen Nutzen. Und was ist das überhaupt für eine Selbstverwirklichung…
Das Hobby zu schreiben kann man schwer jemanden absprechen.
Stefan: Ja, es ist großartig ein Hobby zu haben. Ich pflanze Chilis, das beruhigt mich… Aber Business ist das keines und kulturelle Bedeutung hat’s auch keine.
Bettina: Self Publisher und Verlagsautoren leben bei ihrer Arbeit in zwei verschiedenen Welten, die im Werbealltag und im Verkauf wenig Berührungspunkte haben. Die Verkaufszahlen sind allerdings nicht so schlecht, wie du glaubst. Und es ist positiv, dass jeder seine Geschichte erzählen kann.
Und manche Storys, die es bei Verlagen nicht geschafft haben, sind trotzdem erfolgreich geworden – weil sie die Leser einfach lesen wollten und nicht, weil im Verlag jemand entschieden hat: Das ist dann die Geschichte, die der Leser haben will. Kann ein Verlag dem Leser vorschreiben, was er lesen darf?
Was wird die Zukunft bringen? Macht Self Publishing Verlage obsolet?
Bettina: Das eine wird das andere nicht verdrängen, beide halte ich für wichtig, wir werden koexistieren. Die Bereiche werden aber verschwimmen, Autoren werden zwischen den Formen hin und her switchen.
Stefan: Ich seh‘ das auch so…Meine Kritik war vielleicht zu harsch. Ich wollte Self Publishing nicht abwerten, ich wollte nur sagen, dass ich glaube, dass sehr viel nicht gelesen wird. Sicherlich dient es aber als Sprungbrett in die Verlagsszene und darüber hinaus in die Medien. Denn nur dort kann das Geschriebene eine wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung bekommen.
Ilias: Gute Bücher werden gelesen werden. Wenn die guten als Self Publishing-Werke erscheinen, dann machen die Verlage was falsch, dafür verdient der Autor mehr. Eine große Szene-Umwälzung sehe ich keine. Große und kleine Verlage wird es neben dem Self Publishing-Bereich weiterhin geben.
Stefanie: Ja keine Ahnung, ich hab‘ echt nix hinzuzufügen, eigentlich. Mir is‘ das alles so wurscht.
Die Diskussion fand im Rahmen der Buchquartier Messe für Indie-Verlage fand am 25., 26. Oktober 2014 im Museumsquartier Wien statt.