Soloacts dominieren die Charts, während Bands angeblich aussterben. Doch was steckt wirklich hinter diesem Narrativ? Zwischen kapitalistischer Vermarktungslogik, patriarchalen Strukturen und künstlerischer Freiheit zeigt sich: Die Band lebt – und das oft als Gegenmodell zur Ich-Kultur.

Seit ein paar Jahren schaffen es immer weniger Bands in die Charts. 2024 landete in den Billboard Hot 100 – immerhin der wichtigsten Hitparade der USA – keine einzige Band in den Top Ten. Seither geistert wiederholt der »Tod der Band« durch die Kulturspalten, in denen mittelalterliche Männer beklagen, dass Soloacts allen Erfolg einheimsten, Algorithmen Gruppenacts benachteiligten und Streaming die Rockband als Institution zerstört habe.
Natürlich steckt in diesen Argumenten auch Wahrheit: Ja, Solokünstler*innen dominieren die Charts. Ja, Social Media bevorzugen Einzelpersonen. Ja, Touren sind teuer, und viele Bands lösen sich aufgrund der logistischen und finanziellen Hürden auf. Aber ist das wirklich neu? Und warum klingt diese Diskussion oft wie eine panische Krisensitzung im Herrenklub?
Ein Blick auf die Musikindustrie zeigt: Es sind nicht nur wirtschaftliche Entwicklungen, die das Bandformat unter Druck setzen. Die Musikbranche war lange von patriarchalen Strukturen geprägt – und Rockbands waren deren Aushängeschilder. Das Narrativ der Band als eingeschworene Bruderschaft wurde über Jahrzehnte reproduziert – mit allen strukturellen Nebenwirkungen. Bands mit Frontfrauen wiederum wurden oft nur als Vermarktungsstrategie gesehen, statt über ihre musikalische Relevanz wahrgenommen zu werden. Jetzt, wo FLINTA*-Personen als Solokünstler*innen sichtbarer werden, bekommt die Frage eine neue Dimension: Wird hier wirklich die Band betrauert – oder nur das alte Machtgefüge?
Dabei darf man nicht vergessen: Besagte Chartstatistik bezieht sich auf die USA. Gleichzeitig gibt es weltweit eine neue Welle junger Bands, die sich jenseits der Marktlogik entwickeln. Sie schaffen es nur nicht mehr so leicht in die Charts. Und damit in den Mainstream.
Aber was bedeutet das für Musiker*innen in Österreich? Ist die Band wirklich tot? Oder hat sie sich nur verändert? Und was passiert in den Nischen, abseits der Chartlogik? Acht Musikacts aus unterschiedlichen musikalischen Kontexten geben Einblick – von klassischen Bands über Musiker*innen, die beides ausprobiert haben, bis hin zu Soloacts mit Livebegleitung. Was bedeutet Musikmachen heute? Und lebt kollektives Musikschaffen vielleicht weiter – nur flexibler als früher?

Kollektiv vs. Ich-Kultur
Die Idee, dass Bands überholt sind? Die Wiener Rockband Baits kann sich darüber nur wundern: »Innerhalb kürzester Recherche wird klar, dass ›die Band‹ gerade jetzt wieder äußerst relevant ist – Idles, Amyl and the Sniffers, Fontaines D.C., Lambrini Girls und gefühlt hundert Band-Reunions. ›Der Band‹ geht es gut.« Gerade heute sei Band-Sein weit mehr als nur gemeinsames Musikmachen: Social Media, Booking, Tourmanagement, Technik – und dann noch die zwischenmenschlichen Aspekte. »Eine Band ist eine riesige soziale Herausforderung. Man verbringt mehr Zeit miteinander als mit der eigenen Familie oder Freund*innen«, so Fazo von Baits.
Color the Night kennen diese Ambivalenz: Band-Sein bedeutet kreative Gemeinschaft, aber auch wirtschaftliche Organisation. »Man arbeitet an etwas Emotionalem zusammen, aber gleichzeitig braucht es Strukturen, um Entscheidungen zu treffen«, erklärt Michael Buchegger, Gitarrist der Linzer Indie-Band. Reibung sei dabei unvermeidbar – und sogar wertvoll: »Wenn man Kompromisse eingehen muss, entstehen oft die besten Ideen. Aber gerade heute sehen sich viele Leute als ›main character‹ und nehmen wenig Rücksicht auf andere.«

Bands können also ein Gegenmodell zur Individualisierung sein, wie auch Color-the-Night-Kollege Raphael Karner betont: »Es gibt eine Parallele zwischen der Mentalität einer queeren Community und dem, was in einer Band passiert. Beides sind Räume, in denen jede*r etwas Eigenes mitbringt und das dann durch Austausch zu etwas Neuem wird.« Auch wirtschaftlich sorge eine Band für Stabilität: »In Soloprojekten gibt es eine zentrale Person, die alles organisiert«, so Buchegger. »Wenn diese Person ausfällt, stirbt das Projekt langsam. Bei uns springen andere ein.« Gleichzeitig seien Bands allerdings strukturell benachteiligt, wie er weiter erklärt: »Für uns als sechsköpfige Band ist es viel schwieriger, als Supportact gebucht zu werden. Soloacts sind organisatorisch einfach praktischer.«
Für die Wiener FLINTA*-Swing-Band Major Shrimp hat das Bandmodell zudem eine klar politische Dimension. »Die Bühne ist ein patriarchales System«, sagt Bassistin Maria Leubolt – und genau dieses versuchen Major Shrimp aufzubrechen. Statt klassischer Rollenverteilung setzen sie auf Rotation: Wer an welchem Instrument steht und wer singt, wechselt regelmäßig, damit sich die Wahrnehmung nicht nur auf eine Person konzentriert. Doch selbst wenn FLINTA*-Acts für mehr Sichtbarkeit sorgen, bleiben bestimmte Muster bestehen. »Nach Gigs bekomme ich nur Komplimente für meine Stimme – nie für mein Akkordeonspiel, obwohl ich mich dabei viel mehr abmühe«, sagt Miro Steinkellner, ebenfalls Teil von Major Shrimp. Dies zeigt, wie FLINTA*-Personen oft durch eine sexistisch codierte Brille gesehen werden: Aufmerksamkeit gilt eher den Rollen, die ihnen gesellschaftlich zugeschrieben werden – andere Fähigkeiten werden weniger beachtet.

»Wenn Männer Kunst machen, gilt sie für alle. Wenn FLINTA* Kunst machen, ist sie oft scheinbar nur für FLINTA*. Unsere Musik ist nicht explizit queer oder feministisch, aber unser stärkstes Feedback kommt aus dieser Community«, erklärt Steinkellner. In einer Industrie, die Diversität zunehmend als Selling Point nutzt, stehen Acts wie Major Shrimp deshalb vor einer ambivalenten Entscheidung: Soll das eigene FLINTA*-Sein bewusst vermarktet werden? Und will man sich wirklich in diese Strukturen reinziehen lassen?
Das Beste beider Welten?
Sophie Lindinger kennt beide Seiten der Bandmedaille: als Soloartist, im Elektropop-Duo Leyya sowie als Teil der dreiköpfigen Indierock-Band My Ugly Clementine. Jedes Projekt bringe eigene Herausforderungen – und es verändere, wie Musik, Performance und Vermarktung wahrgenommen werden. »Der Unterschied für das Publikum ist riesig. Im Band-Set-up ist alles wuchtiger, intensiver, lädt mehr zum Tanzen ein. Solo dagegen ist der Sound reduziert – keine Ablenkung, keine Schichten, nur Gitarre und Stimme.« Das mache es intimer, aber auch herausfordernder: »In einer Band kann man sich mehr verstecken. Solo steht man komplett im Mittelpunkt«, so Lindinger.

Auch der in Wien lebende Elektronikmusiker Kenji Araki balanciert zwischen Auftritten als Solokünstler und seinem Bandprojekt Enns. Eigentlich habe er nie eine Band gründen wollen, zu groß seien ihm die finanziellen und organisatorischen Herausforderungen erschienen. Doch mit seinem Bandkollegen Ybsole habe er eine musikalische Verbindung gefunden, die ihn umdenken ließ: »Wir haben eine gemeinsame Tonsprache entwickelt, die ich allein nie gehabt hätte.« Während seine Bandprojekte ihm Spontaneität und Überraschungsmomente geben, beschreibt er seine Solomusik fast wie Architektur: »Ich kann Stunden an einem kleinen Sounddesign feilen, ohne mir Sorgen zu machen, jemanden zu langweilen.«
Nini Riedl (aka Miramio) und Max Mrak (aka Orange Gone) von der Dreampop-Band Lavandine erleben diesen Kontrast ebenfalls: »Mit meinem Soloprojekt weiß ich genau, wo mein Platz ist«, sagt Riedl. »In der Band muss ich mich mit anderen abstimmen, was den Prozess verändert – aber auch bereichert.« Doch während das Kollektiv kreativen Rückhalt gibt, ist es finanziell oft eine Hürde: »Als Band ist es viel schwieriger, Gigs rentabel zu machen«, so Kenji Araki. Als Soloact sei er flexibler, könne spontan Tourneen planen und sich mit wenig Equipment in einen Zug setzen. Gleichzeitig betont er: »Reisen können allein schnell einsam werden. Wenn man Erfahrungen nicht teilen kann, fühlen sie sich oft abstrakt an.«

Sophie Lindinger kennt die wirtschaftlichen Unterschiede ebenfalls: »Als Band ist es einfacher, eine Brand aufzubauen«, meint sie. »Mehrere Personen bieten Identifikationsmöglichkeiten. Dagegen bleibt solo finanziell mehr übrig, weil man nichts teilen muss.« Max Mrak von Lavandine wiederum merkt in puncto Social-Media-Algorithmus, dass Menschen sich schneller mit Einzelpersonen identifizierten: »Wenn jemand eine starke Persönlichkeit oder Stage-Persona zeigt, entsteht eine direktere Verbindung.« Die klassische Mythenbildung um Bands, die einmal einen Großteil ihrer Fankultur ausmachte, habe sich verändert. »Früher war die Gruppendynamik Teil des Kults. Heute zählt vor allem die individuelle Präsenz«, so Riedl.
Hartnäckige Vorurteile
Doch auch in dieser Außenwahrnehmung blitzt das Patriarchat immer wieder auf: »Wenn eine Männerband ein Album herausbringt, redet sie eine Stunde über Musik. Bei uns geht die Hälfte der Interviews für Fragen über unser Frausein drauf«, weiß Lindinger aus ihrer Erfahrung mit My Ugly Clementine. Auch in technischen Bereichen halten sich Vorurteile hartnäckig. »Technik, Effekte, Synthesizer – das alles gilt immer noch als ›Männerding‹«, sagt Nini Riedl von Lavandine. Besonders im Live-Set-up spüre sie das: »Fast alle Soundtechniker*innen sind Männer, oft wird automatisch angenommen, dass ich keine Ahnung habe.«

Diese patriarchalen Strukturen spiegeln sich selbst innerhalb der Bands. Sophie Lindinger vermutet, dass Frauen seltener um Dominanz buhlen: »Ich glaube, Frauen haben nicht so sehr den Drang, sich als ›Anführerin‹ aufzuspielen. My Ugly Clementine entstand aus gegenseitiger Wertschätzung. Von Anfang an war klar, dass alle gleichberechtigt sind – jede bringt etwas ein.« Gleichzeitig betont sie, dass sich marginalisierende Strukturen nicht von alleine ändern. »Wir fragen einander, ob sich jede gesehen fühlt. Ich glaube, das passiert in männlich dominierten Bands seltener.« Gleichzeitig sieht sie es als Aufgabe von Künstler*innen, über die eigene Arbeit hinaus Veränderungen anzustoßen: »Wir achten zum Beispiel darauf, wer in unserer Crew ist. Aber das Business interessiert sich eher für das, was nach außen hin sichtbar ist.«
Kenji Araki nimmt die Strukturen der Musikbranche in einem anderen Kontext wahr: »Ich bin in einer Band, weil ich in dieser spezifischen Band sein will – nicht, weil ich in irgendeiner sein muss.« Für ihn sind Bands heute weniger ein stilistisches Konzept als eine persönliche Wahl. Seine Szene definiert sich nicht über Genres oder Klangästhetiken, sondern über gemeinsame Werte. »Technologische und mediale Entwicklungen haben den Soloact normalisiert. Heute ist es einfacher, eine Soloshow auf die Beine zu stellen.« Problematisch werde das, wenn Bands dieselben Gagen wie Soloacts bekommen: »Leider rechnet sich das nicht, weil dieselbe Gage mehr als eine Person unterhalten muss.«
Letztlich bleibt die Entscheidung zwischen Solokarriere und Band selten eine reine Geschmacksfrage. Während Soloacts oft mit größerer Sichtbarkeit belohnt werden, ermöglicht das Bandgefüge eine andere Art von kreativer Gemeinschaft. Die Wahl ist immer eine Abwägung zwischen künstlerischer Kontrolle, ökonomischer Realität und der Frage, welche Strukturen Musiker*innen mitzutragen oder herauszufordern bereit sind.

Ein Gesicht, viele Hände
Für viele Künstler*innen bleibt eine Band essenziell – zumindest auf der Bühne. »Live habe ich noch nie solo gespielt und würde das auch nicht wollen«, sagt Singer-Songwriterin Pippa Galli. Ihr Projekt Pippa ist nach ihr benannt, ihre Songs entstehen allein, aber der Sound funktioniert nur mit Band. Playback? Keine Option. Trotzdem tritt sie als Solokünstlerin auf: »Ich muss keinem Bandsound treu bleiben. Ich kann mich immer wieder neu erfinden.« Das gibt kreative Kontrolle, bedeutet aber auch: »Alles läuft über mich. Und ich muss aufpassen, dass ich mich nicht verheize.«
Auch Sodl, die diesjährige FM4-Award-Gewinnerin bei den Amadeus Austrian Music Awards, kennt diesen Balanceakt: »Ich wollte immer eine Band, die mich live begleitet, aber alle anderen Aspekte mache ich gern allein.« In einer Band werden diese Aufgaben geteilt – wer hingegen solo arbeitet, trägt jede Verantwortung selbst. Das kann anstrengend sein, aber auch befreiend: »Ich wollte immer mein Ding machen und alles selbst entscheiden«, meint die Oberösterreicherin. Doch auf der Bühne wird es kompliziert. »Ich liebe es, mit meiner Band gemeinsam zu spielen – das macht alles viel voller«, so Sodl. »Meine Musik wäre ohne sie nie so schön.« Der Widerspruch ist offensichtlich: Solokünstler*innen stehen als Einzelpersonen im Fokus, doch oft braucht es eine Band, um ihren Sound zu komplettieren.

Wirtschaftlich sind Soloprojekte jedenfalls attraktiver. Eine Band bedeutet höhere Kosten – von Proberäumen bis zur Gagenteilung. »Musik hat so viele Haken und Ecken – wenn man da jedes Detail absprechen müsste, wäre das unglaublich mühsam«, so Sodl. »Vielleicht ist es für Labels auch schwieriger, mit fünf Leuten zu verhandeln. Am Ende braucht es immer eine Person, die den Überblick behält.«
Pippa hat diese Dynamik selbst erlebt: »Bei meinem ersten Label wollte man mich als die ›österreichische Lana Del Rey‹ vermarkten – und als ich meinte, dass ich das nicht bin, kam zurück: ›Was willst du dann sein, Pippi Langstrumpf?‹« Heute weiß sie, dass Soloacts gezielt gepusht werden. »Natürlich habe ich momentan Rückenwind, weil FLINTA*-Acts sichtbarer sind. Und Labels setzen gezielt auf Solokünstlerinnen, weil sie besser vermarktbar sind.« Der Sexismus bleibt: »Nach Konzerten sprechen die Leute oft mit meinen Bandkollegen über ihre Instrumente. Zu mir sagen sie: ›Du hast gut gesungen.‹ Niemand denkt daran, dass ich die Songs geschrieben habe.«
Für Gatafiera, ein queeres Reggaeton- und Baile-Funk-Duo, ist es nicht nur eine künstlerische, sondern auch eine politische Entscheidung, sich nicht als Band zu formieren. »Es gibt einen enormen Mangel an Musiker*innen, die nicht weiße cis Männer sind.« Eine feste Band mit mehreren Mitgliedern wäre nicht nur logistisch schwierig, sondern auch in Bezug auf Repräsentation: »Wenn wir eine Band hätten, müsste sie komplett lateinamerikanisch, queer oder trans sein, damit es sich für uns richtig anfühlt.« Deshalb bleiben Gatafiera ein Duo, sie können sich aber vorstellen, für Liveshows mit wechselnden Musiker*innen zu arbeiten, um flexibler zu sein.

Was für Pippa und Sodl eine künstlerische oder wirtschaftliche Entscheidung ist, hat für Gatafiera eine zusätzliche Dimension: Zugang und Sichtbarkeit. »Wer hat überhaupt Access zu Ressourcen, Förderungen und Räumen, um sich musikalisch zu entwickeln? Für FLINTA*, besonders für FLINTA* of Color, sind die Möglichkeiten viel begrenzter.« Die Musikindustrie bleibt auch hier von alten Strukturen geprägt. Sodl bringt es auf den Punkt: »Ich höre oft Sätze wie: ›Ach, das liebe kleine Mädel, das Musik macht.‹ Ich bin kein Mädel.« Einem 21-jährigen Mann würde das schließlich niemand sagen.
Ob Band oder Soloprojekt – in beiden Modellen stoßen Künstler*innen auf strukturelle Hürden. Wer sich als Band organisiert, hat es schwerer, sich durchzusetzen. Wer solo erfolgreich ist, muss sich oft, besonders als FLINTA*, doppelt beweisen – und zahlt den Preis der Kommerzialisierung der eigenen Person. Die Musikindustrie setzt gezielt auf diese Vermarktung, weil sie greifbarer und profitabler ist. »Ich will aber nur Musik machen und nicht mein Privatleben teilen, nur weil das ›persönlicher‹ wirken soll«, sagt Pippa.
Die Band bleibt!
Die Diskussion um das »Sterben der Band« erscheint wie ein Symptom für einen größeren Wandel: den Umbruch einer Branche, die lange von männlichen Machtstrukturen geprägt war. Die klassische Rockband galt über Jahrzehnte als Idealbild – eines, das vor allem für Männer funktionierte. Für FLINTA*-Personen war es nie selbstverständlich, gleichberechtigt mitzuspielen, geschweige denn die gleiche Anerkennung zu erhalten.
Dass immer mehr Musikerinnen als Solokünstlerinnen sichtbar werden, ist daher kein Zufall. Solo bedeutet Selbstbestimmung, wirtschaftliche Flexibilität – aber auch mehr Verantwortung für Musik, Management und Marketing. Viele FLINTA*-Artists profitieren davon, sich nicht im Bandgefüge behaupten zu müssen. Gleichzeitig nutzt die Musikindustrie diese Entwicklung für sich: Während FLINTA*-Acts als Aushängeschilder gefeiert werden, bleiben die Strukturen dahinter männlich dominiert.
Bands wie My Ugly Clementine oder Major Shrimp zeigen, dass eine Veränderung nur dann nachhaltig ist, wenn sie über die Menschen auf der Bühne hinausgeht. Die Band als Konzept ist nicht tot – aber sie ist auch kein Selbstzweck. Wer heute kollektiv Musik macht, setzt ein Zeichen gegen die Vereinzelung des Marktes. Gerade in Österreich gibt es Bands, die diesen Weg gehen. Ihr Überleben hängt letztlich nicht nur von Streamingzahlen ab, sondern davon, ob die patriarchalen Strukturen der Branche endlich aufbrechen.
Kollektives Musikmachen lebt, aber die Strukturen dahinter müssen sich weiter verändern. In Österreich bietet etwa das Pink Noise Camp – dieses Jahr von 17. bis 23. August – einen Ort, an dem FLINTA* sich musikalisch ausprobieren und vernetzen können. Die Initiative »Musik für alle« versucht wiederum mit Mentorings, Workshops und anderen Unterstützungsprogrammen für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Musikbranche zu sorgen. Und Sisters of Music ist ein Netzwerk für Frauen in der Livemusikindustrie, insbesondere in technischen Berufen. Weitere Anlaufstellen und Kollektive sind beispielsweise auf der Website des Musikinformationszentrums Mica – Music Austria zu finden.