Ein Studium beginnen ist nicht schwer, es abzuschließen dagegen sehr. Weil Bildung aber nicht nur bedeutet, ein Mag. oder Mag.a dem eigenen Namen voranstellen zu können, haben hier sechs The-Gap-AutorInnen über ihr Studium geschrieben, das sie nie zu Ende gebracht haben.
Yasmin Vihaus – Germanistik
Germanistik ist eine der schönsten Studienrichtungen. Wer nicht auf Lehramt, sondern im Bachelor studiert, hat nahezu freie Auswahl aus thematisch sehr unterschiedlichen Lehrveranstaltungen. Die ProfessorInnen sind bei der Auswahl der Themen durchaus kreativ, zudem variieren sie von Jahr zu Jahr. Man muss zwar in jedem der vier Bereiche (Ältere deutsche Literatur, Neuere deutsche Literatur, Sprachwissenschaft und Deutsch als Fremd- und Zweitsprache) eine bestimmte Anzahl an Seminaren oder Vorlesungen absolvieren, muss sich im Bereich Neuere Deutsche Literatur aber nicht zwingend intensiv mit Goethe und Schiller beschäftigten. Während meiner vier Jahre an der Germanistik durfte ich LVs mit Titeln wie »Traum und Vision im Mittelalter«, »Dämonen, Monstren, Fabelwesen«, »Freud, Sexologie und Menschenrechte« oder »Männlichkeiten in der Literatur« besuchen. Ich habe nicht nur Mittelhochdeutsch, sondern vor allem Ältere Deutsche Literatur lieben gelernt und spreche heute noch gerne spontan und ungefragt über die Auswirkungen der ersten und zweiten Lautverschiebung oder großartig skurrile mittelalterliche Texte wie »Das Nonnenturnier«. Alles lief perfekt, bis … die Frage nach dem Nachweis meiner Lateinkenntnisse immer lauter wurde. Meine erste Bachelorarbeit habe ich vor mittlerweile fünf Jahren abgegeben, die zweite Bachelorarbeit darf ich erst abgeben, wenn ich eine Lateinprüfung ablege. Ich fürchte, das wird nicht mehr passieren. Dennoch: Germanistik, es war sehr schön mit dir!
Yasmin Vihaus ist freie Journalistin und hat vor Kurzem den »Forschungsbericht Clubkultur Wien« mitherausgegeben. Nach ihrer Zeit als Chefredakteurin von The Gap hat sie wieder ein Studium angefangen – ob sie es abschließt, steht in den Sternen.
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